Quadratmeter-Ausstellung + Projektpräsentationen 2023 | Nachbericht
Von Lena Piontek
Die Fakultät für Architektur legt im Bereich der Internationalisierung den Fokus auf das Miteinander, auf den Austausch, auf das Reflektieren, das Voneinanderlernen, sich wirklich begegnen und sich (selbst und andere) kennenlernen. Die diesjährige „Quadratmeter-Ausstellung“ und die „Projektpräsentationen“, organisiert von Studierenden für Studierende im Rahmen des „Austausch-International“-Kollektivs, gab dafür eine weitere Gelegenheit.
Die Grundidee dieser Veranstaltungen ist, den so vielfältigen Erfahrungen der Studierenden und Lehrenden, die eine Zeit im Ausland verbracht haben, einen Raum zu geben, ihre Reflexionen aus dieser Zeit zu teilen, alle zu Wort und „kreativen Ausdruck“ kommen zu lassen, um möglichst viele Perspektiven des internationalen Austauschs aufzuzeigen. Mit über 30 fakultätsgebundenen Partnerhochschulen existiert bereits in dem Bereich des Auslandsstudiums ein großes und buntes, über die ganze Welt verteiltes Angebot.
Quadratmeter-Exponate
Alle, die eine Auslandserfahrung gemacht haben, werden angeregt intensiv nachzufühlen, die Zeit im Ausland zu reflektieren und ihre Erfahrungen zu teilen. Weiterhin erhalten alle, an Auslandsaufenthalten Interessierten, sehr gute Einblicke, Anregungen und konkrete Beispiele und werden direkt in Netzwerke eingebunden. Aber auch diejenigen, die nicht ins Ausland gehen, bekommen die Möglichkeit aus den Berichten und Projektpräsentationen zu lernen.
Die Vortragenden haben z.B. einen Teil oder ein ganzes Studium, ein Praktikum, ein besonderes Projekt, eine Summerschool, eine Exkursion oder auch ihre Abschlussarbeit im Ausland bearbeitet bzw. absolviert und präsentieren ihre Projekte, Arbeiten bzw. Erfahrungen.
Die internationalen Studierenden – die Austauschstudierenden, die ein oder zwei Semester an der Fakultät studieren und die sogenannten „International Degree Seeking“-Studierenden, die das ganze Bachelor- oder Masterstudium an der TH Köln studieren – nehmen ebenfalls teil. Sie berichten, wie es ihnen damit ergeht, ihre Heimatländer zu verlassen und in Deutschland anzukommen und an der Fakultät für Architektur zu studieren. Viele Studierende haben bereits einen Teil oder ein ganzes Studium in ihrem Heimatland absolviert und sensibilisieren die Zuhörerschaft für die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in z.B. der Lehr/Lernkultur.
Nach einer kurzen Ansprache des Dekans, Prof. Rüdiger Karzel, folgten in diesem Jahr 5 ausgewählte Projektpräsentationen.
Es starteten Elisa Kania und Marie Schäfer, die ihre gemeinsame Masterthesis in Namibia unter dem Titel „Kultursoziologische Neuordnung des Omomas Care Centers und der St. Patrick Primary School in Namibia“ bearbeiteten. Ein Entwurf unter theoretischer Betrachtung der kolonialen Eingriffe in die (Bau-) Kultur des Landes. Von Elisa Kania und Marie Kyra Schäfer kurz zusammengefasst:
„Das Omomas Care Center, ein Heim für Waisen- und Straßenkinder in Namibia, hat aufgrund des kontinuierlich wachsenden Bedarfs an Hilfsangeboten seine Kapazitätsgrenzen erreicht. Um eine sachgerechte Entwicklung des Care Centers zu ermöglichen, bedurfte es eines übergeordneten Masterplans. Herausforderungen ergaben sich dabei nicht nur aus den Problemen, die jeder kultur-exogenen Betrachtungsweise immanent sind, sondern insbesondere auch aus der ausbeuterischen Kolonialherrschaft des Deutschen Reiches. Seit dem Ende der Kolonialherrschaft befindet sich die namibische Bevölkerung, der über Jahrzehnte die fremde deutsche Ideologie, Kultur und Bauweise aufoktroyiert wurde, auf der Suche nach der eigenen Identität und Kultur. Diese Beobachtungen bildeten den Aufhänger für den architekturtheoretischen Teil der Arbeit, in dem wir die namibische Baukultur in der präkolonialen, kolonialen und postkolonialen Zeit beleuchteten. An den Theorieteil anknüpfend, vereint sowohl der Städtebau als auch die postkoloniale Gebäude-Typologie des Entwurfs, die modernen als auch die tradierten und autochthonen Bauweisen Namibias. Maßgeblich beigetragen zu dem Gelingen des Projekts hat schließlich unser mehrmonatiger Aufenthalt im Omomas Care Center. Hierdurch gewannen wir vielfältige Einblicke in die Besonderheiten der namibischen Bau-(Kultur), um diese in ein kulturgerechtes architektonisches Konzept zu übersetzen.“
Projektpräsentationen
Bau Namibia Master Thesis – Modell, Visualisierung und vor Ort von Elisa Kania und Marie Schäfer MA SEK
Von Kai Lehrs und Nico Golenias Präsentation, die ein Semester in Yokohama, Japan studierten, blieb ihre begeisterte Erzählung vom atemberaubenden Japan-Road-Trip in Erinnerung. Die beiden Bachelor Studierenden wussten, dass sie aufgrund fehlender Japanisch Kenntnisse nicht in die regulären Architekturkurse unserer Partnerhochschule, Kanagawa University, zugelassen würden und besuchten ausschließlich allgemeine Kurse (Sprach-, Kultur- und Designkurse), die sie als sehr lehrreich empfanden. Sie scheinen tief in die Kultur Japans eingetaucht zu sein und waren sichtlich beeindruckt von der „ständigen Präsenz des Fuji-San“.
Japan, Yokohama, Kanagawa Uni – Karte Japan-Road-Trip, Japan und Fuji-San von Kai Lehr und Nico Golenia BA
Der Masterstudierende Robert Puschmann verbrachte als Free Mover sein Auslandsemester an der Udayana University in Den Pasar, auf Bali, Indonesien. Er beschäftigte sich sehr intensiv mit der traditionellen Bauweise und berichtete, dass auf Bali ursprünglich mit Stein, nicht mit Bambus, gebaut wurde.
Indonesien, Bail, Udayana Uni – Präsentation Konzept, Bambusworkshop und Bali von Robert Puschmann MA SEK
Zher Hassan, ebenfalls Masterstudierender, der mit zwei weiteren Kommiliton*innen in Curitiba, Brasilien an unserer Partnerhochschule, PUCPR, studierte, berichtete von den sehr auffälligen Unterschieden zwischen Arm und Reich in Brasilien und wie ganze Gebäude innerhalb kurzer Zeit verschwanden und neue plötzlich auftauchten. Seine Fazit auf seine Learning Outcomes war: ganz neue Perspektiven auf Architektur, Sensibilität für kulturelle Unterschiede und Lebenserfahrung.
Brasilien, Curitiba, PUCPR -Zher Hassan
Abgerundet wurden diese Präsentationen mit den Reflexionen des Studiums in Köln der drei internationalen Studierenden Konstantine Kalandadze, Amer Soud, und Lisa Ikonomu.
Masterstudierender Konstantine hatte an der Kunstakademie in Tiflis, Georgien sein erstes Studium absolviert und berichtete, dass er das Entwerfen im Team noch nicht kannte und von der wissenschaftlichen Seite des Studiums an der TH Köln viel mitnahm.
Lisa, Bachelorstudentin, kam zum Studium aus Italien an die TH Köln und empfand die anfängliche Bürokratie als sehr herausfordernd. Sie vermisst, trotz sehr gelungener Integration, ihre Heimat sehr. Sie sagte allerdings auch, dass diese Gefühle dazugehören, wenn man neue Schritte wagt.
Für Amer, ebenfalls Masterstudierender, ist die TH Köln schon die dritte Hochschule. Er hatte zuvor in seiner Heimatstadt, Aleppo, Syrien und anschließend an der Universität Alexandria, der zweitgrößten Universität Ägyptens, Architektur studiert. Er warb für die wöchentlich stattfindenden „International Dinner“-Treffen und beschrieb diese als „das Fenster, wo man ein bisschen Luft bekommt, weit weg vom Stress des Studiums“. Dort nutzen die Studierenden die Chance sich unter anderem über diese ganz individuellen Erfahrungen in Ruhe auszutauschen.
Reflexionen des Studiums in Köln – von unseren internationalen Studierenden Amer Soud, Lisa Ikonomu und Konstantine Kalandadze
Weitere Quadratmeter Exponate
Neben den Vorträgen und den Erläuterungen der im Ausland erarbeiten Projekte, wurden die „Quadratmeter“-Exponate ausgestellt. Dies sind ein Meter mal ein Meter große, sehr individuelle, kreative Reflexionen des Auslandsaufenthaltes, die, je nach Persönlichkeit und Erfahrungen, ohne weitere Vorgaben sehr unterschiedliche Themen abbilden.
Viele weitere spannende Projekte, die im Ausland erarbeitet wurden, wurden ausgestellt.
Lya Obert, Studio Projet Ville Sauvage, École Nationale Supérieure, Frankreich
Sowohl die im Ausland erarbeiteten Projekte, die Quadratmeter, als auch die Antworten auf „die vier Fragen“ werden seit der Corona-Zeit in dem ASIO-Buch dokumentiert (ASIO: Architecture Students Incoming Outgoing).
ASIO-Buch Download folgt in Kürze
Die jedes Jahr erneut eingesammelten Antworten der Studierenden auf die vier Fragen dienen der Fakultät zur Reflexion: „Was hat Dir an Deiner Gasthochschule besonders gefallen? Was hat Dir an Deiner Gasthochschule überhaupt nicht gefallen? Was hast Du an unserer Fakultät für Architektur am meisten zu schätzen gelernt? Was sollte unsere Fakultät für Architektur dringend verbessern?“. So wird z.B. das Erweitern des Angebotes an englischsprachiger Lehre dieses Semester wieder zum Thema gemacht.
Die diesjährige Vernissage im Soutlier des „Altbaus“ am Campus Deutz war sehr gut besucht.
Alle trugen Namens- und Landesaufkleber, die ihnen den gezielten persönlichen Austausch vereinfachten. Wir freuen uns sehr, dass auch unser Sprachlernzentrum und andere Fakultäten vertreten waren, herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für einen Besuch genommen haben!
Das internationale Fingerfood-Büffet, das die Studierenden selbst zubereiteten, war bunt gemischt, köstlich wie immer und lud geradezu ein, miteinander ins Gespräch zu kommen.
Das diesjährige „Austausch-International“-Kollektiv-Team hat großartige Arbeit geleistet. Namentlich sei Johanna Böckmann, Egzona Grguri, Johanna Borbach, Maria Rebrova, Léo Müller-Wille, Amer Soud und Roman Patucca gedankt!