architectural tuesday | Tilmann Latz | Nachbericht

Am 09.01.2024 begrüßten wir anlässlich des architectural tuesdays den Landschaftsarchitekten, Architekten und Stadtplaner Prof. Tilman Latz an der Fakultät für Architektur. Latz berichtete in seinem Vortrag über die Transformation eines ehemaligen Industrieareals in Turin.
Der Landschaftsarchitekt erlangte sein Diplom sowohl in Landschaftsarchitektur als auch in der hochbaulichen Architektur an renommierten Universitäten wie Kassel, Wien oder der Architectural Association in London. Nach seinem Studium arbeitete er als Projektleiter für Jourda Architectes in Paris, bevor er 2001 in das elterliche Büro Latz + Partner in Kranzberg einstieg. Seit 2016 führt er das Büro zusammen mit seiner Frau Iris Dupper und einem Team von über 20 Mitarbeitenden.

Neben seiner erfolgreichen Büroleitung ist Tilman Latz auch in Lehre und Forschung aktiv. Er war Gastdozent an der University of Pennsylvania in Philadelphia und der Uni Kassel, bevor er Anfang 2022 die Position des Professors für „Planen und Entwerfen in der Landschaftsarchitektur“ an der HSWT in Freising übernahm. Sein Engagement zeigt sich auch durch Mitgliedschaften im Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (bdla), im Deutschen Werkbund Bayern, seine Mitarbeit im Vorstand des bdla Bayern und in der Projektgruppe Internationales der Bayerischen Architektenkammer.
In seinem Vortrag „Spina Centrale und Parco Dora – Grüngraue Infrastruktur“ gewährte er spannende Einblicke in die Stadtentwicklung Turins. Latz beleuchtete die Herausforderungen durch Industrialisierung und Bahninfrastrukturen, präsentierte die erfolgreiche Umsetzung des Infrastrukturprogramms „Spina Centrale“ in den 90er Jahren und erläuterte die Gestaltung des postindustriellen Parco Dora auf dem ehemaligen Fiat-Gelände.

Foto: Larissa Schaffrath

Latz selbst lernte Turin als Tourist kennen und lieben. Entsprechend wurde der Vortrag zunächst mit einem Überblick über die Geschichte und die Entwicklung der gesamten Stadt begonnen, sodass die Zuhörer*innen ebenfalls in den Bann Turins und seiner Stadtplanungsgeschichte eintauchten. Turin ist von Barocken Strukturen geprägt und profitiert von einer sehr kleinmaßstäblichen Struktur, die einen angenehmen menschlichen Maßstab ergebe, so Latz.
Im Zuge des Infrastrukturprogramms „Spina Centrale“ beschloss die Stadt, einen großen Teil des Schienennetzes Turins unter die Erde zu verlegen, um Platz für stadtbildprägende Bauten und dringend benötigte grüne Infrastruktur zu schaffen.

Das Gesamtprojekt wurde in mehrere Abschnitte unterteilt, unter anderem in Spina 3, die durch das Büro Latz + Partner in Form einer zweijährigen Planung begleitet wurde. Latz entwickelte mit seinen Kolleg*innen ein Konzept, das den Bestand respektvoll integrieren sollte und entwickelten gleichzeitig neue Grün- und Freiflächen für die Bewohner der Stadt. 

Bild: Tilmann Latz (Latz+Partner)

Das Büro Latz und Partner plante dabei den größten überdachten Freiraum der Welt. Dies führte anfänglich zu einer größeren Diskussion und daraus resultierten verschiedene Vorschläge für eine Hochbaunutzung, statt für einen Park. Durch den fortwährenden Einsatz des Landschaftsarchiteken wurde der Park dennoch realisiert. Am Ende blieben die 30m hohen Stützen einer alten Auto-Produktionshalle stehen, lediglich die Wände und Seitenteile wurden zurückgebaut. 
Ergänzend zur Tagnutzung wird der gesamte Park abends und nachts durch Beleuchtung kunstvoll in Szene gesetzt. Seit der Fertigstellung wird die Halle als überdachte Sport- und Freifläche genutzt. Darüber hinaus finden viele Veranstaltungen und Konzerte im überdachten Außenbereich statt. 

Bild: Tilmann Latz | Heidemarie Niemann (Latz+Partner)

Heutzutage ist Turin bekannt für gelungene öffentliche Räume und den grünen Wandel der Stadt. Dieser Bann und die Begeisterung für den Wandel Turins hat Latz bei den Bewohner*innen der Stadt erlebt, so erzählte er.  Der Park wird in Turin nicht als klassischer Park, sondern als 12.000qm große Kunstinstallation betrachtet. 
Die Stadt Turin bewältigte einen Wandel, der eine starke Zerreißprobe mit verschiedensten Stakeholdern bedeutete. Dies bewirkte eine Umwandlung eines Industriezentrums zu einer Stadt mit qualitativ hochwertigen Freiflächen, die für Bewohner*innen und Touristen einen Mehrwert bieten. Heute kann die Natur wieder stärker in die Stadt eindringen, die ehemaligen Industrieflächen wurden den Bewohnern und Besuchern der Stadt zurückgegeben.

Wir bedanken uns für den inspirierenden Vortrag. 

Text: Teresa Boehme
Fotos: Larissa Schaffrath, Tilman Latz, Heidemarie Niemann (Latz+Partner)