Positionen japanischer Architektur: Shigeru Ban
„Shigeru Ban is a tireless architect whose work exudes optimism. Where others may see insurmountable challenges, Ban sees a call to action. Where others might take a tested path, he sees the opportunity to innovate.“
Das Zitat aus der Laudatio der Jury zum Pritzker-Preis 2014 für Shigeru Ban bringt es auf den Punkt: Der japanische Architekt zeigte am 06. Mai im Rahmen der Vortragsreihe „Positionen japanischer Architektur“ der AKöln, was beim Verlassen des sicheren Pfades und durch innovative Denkweisen auf architektonischer und sozialer Ebene möglich ist.
Mit dem ersten Vortrag Shigeru Bans nach Bekanntgabe der renommierten Auszeichnung durfte sich ein bis zum letzten Stehplatz gefüllter Karl-Schüssler-Saal auf einen Abend freuen, der die unterschiedlichen Facetten seiner Arbeit zeigte.
Chronologisch geordnet begann der Vortrag mit einem wegweisenden Projekt für Bans weitere Arbeit. Für die Ausstellung „Alvar Aalto: Furniture and Glass“ in Tokio von 1986 gestaltete Ban eine auf Aaltos Möbelentwürfe abgestimmte Ausstellungs-Architektur. Aufgrund des begrenzten Budgets bot das zunächst bevorzugte Material Holz keine Verwendungsmöglichkeit. Eine Alternative, mit der Ban die Verbindung zu Aaltos geschwungenen Möbelentwürfen herstellen konnte, stellten günstigere, umweltverträgliche Papprohre dar. Als Überbleibsel eines vorangegangenen Projekts war die Verwendung verschiedenen Zufällen geschuldet und gleichzeitig der Beginn von Bans „Papierarchitektur“. Ungeachtet der Bauaufgabe und ihrer Typologie zieht sich das Material seither durch Bans Arbeiten.
Das Paper House in Yamanashi, Japan, gehört zweifelsohne in die Gruppe der „Papierarchitektur“. Das für sich selbst entworfene Wochenendhaus ist das erste, das als permanenter Bau mit Pappröhren als konstruktives Element eine Genehmigung erhielt. Die S-förmig angeordneten Röhren sind sowohl Tragwerk, als auch raumbildend. Die stark minimalistische Möblierung des Hauses beschränkt sich auf kaum mehr als einen Küchentresen und einen aus Pappe realisierten Esstisch mit Stühlen.
Dass das Material Papier ein in vielerlei Hinsicht geeigneter Werkstoff ist, zeichnet sich nicht nur durch statische und raumbildende, sondern auch durch seine recyclebaren Eigenschaften aus. Vor Allem temporäre Bauten profitieren von dieser Qualität. So ließ sich der in Zusammenarbeit mit Frei Otto realisierte Japanische Pavillon zur Expo 2000 vollständig recyceln und entsprach damit dem Konzept der Weltausstellung in Hannover.
Auch wenn Papier als unbehandeltes Material und kostengünstige Alternative im Vordergrund stand, so thematisierte Shigeru Ban umweltfreundliches Bauen zu einem Zeitpunkt zudem dies höchst innovativ war.
Die Tatsache, dass Papprohre in fast jedem Land dieser Welt produziert werden können, macht Bans „Papierarchitektur“ unabhängig. So besteht das Wochenendhaus in Japan aus dem gleichen Material, wie das Konzerthaus in L´Aquila, Italien oder die Kirche in Kobe, Japan, die später erneut in Taomi in Taiwan Erdbebenopfern eine Anlaufstelle bot.
Angetrieben von den schlechten Zuständen der Flüchtlingsunterkünfte in Ruanda und um dem Ruf der Berufsgruppe der Architekten, diese bauten nur für einflussreiche, wohlhabende Bauherren, zu trotzen, entwickelte Ban 1999 einfach zu errichtende Notunterkünfte aus Papprohrkonstruktionen. Diese sollten die Qualität der bestehenden Flüchtlingslager verbessern und einer zunehmenden Rodung des Gebietes vorbeugen. Denn bis dahin wurden die Lager lediglich mit Planen und Äxten zur Beschaffung von Holz als Konstruktionsmaterial ausgestattet.
Seither plante Shigeru Ban weitere Flüchtlingsunterkünfte in Japan, Indien und der Türkei.
Aber auch repräsentative Bauaufgaben, wie die Dependance des Centre Pompidou im französischen Metz, Einfamilienhäuser, wie das bekannte Curtain Wall House in Tokio oder das Clubhaus für den Haesley Nine Bridge Golfclub in Gyeonggi in Südkorea realisierte Shigeru Ban mit der gleichen innovativen Denkweise und Raffinesse wie die Bauten für die zahlreichen Opfer von Naturkatastrophen.
Shigeru Ban gehört zu den Architekten, die sich auf die Bedürfnisse der Nutzer einlassen und mit stets neuen Antworten darauf reagieren.
Am Ende des Abends waren sich alle einig: gute Architektur ist nicht zwangsläufig an repräsentative Bauaufgaben oder Kapital gebunden und man kann der Jury des Pritzker-Preises nur zustimmen: „Seit der Einführung vor 35 Jahren ist es das Ziel des Pritzker Architektur Preises, lebende Architekten zu finden, deren gebautes Werk für Exzellenz steht und die einen wichtigen und dauerhaften Beitrag für die Menschheit leisten. Shigeru Ban, der Preisträger in diesem Jahr, verkörpert diesen Geist des Preises aufs Vollste.“
Wir bedanken uns bei Shigeru Ban für seine „Optimismus verströmende“ Position japanischer Architektur.
Bild: Yvonne Klasen
Text: Anna-Laura Oldenburg