Positionen japanischer Architektur: Ryusuke Kojio

Ein Bauunternehmen als Generalist

Architektur und Bau in Japan, die Unterschiede zu Europa, traditionelle japanische Handwerkskunst und technische Innovationen im Bauen waren die Themen, über die Ryusuke Kojio vom japanischen Bauunternehmen Takenaka bei den „Positionen japanischer Architektur“ am 13. Mai berichtete. Ryusuke Kojio ist Architekt und General Manager Design des europäischen Ablegers  dieses weltweit tätigen Baukonzerns. Er spannte den Bogen seines Berichtes von den Anfängen der Unternehmensgeschichte im 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart, von der japanischen Holzbaukunst und den „Toryo“, den Meister-Zimmerleuten, bis zur heutigen Unternehmenskultur von Takenaka.

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Die Entwicklung des Unternehmens vom traditionellen Handwerksbetrieb zum international agierenden Unternehmen meisterte Takenaka nicht zuletzt dank des stetigen Anspruchs, veränderten Anforderungen gerecht zu werden: der in Japan einsetzenden Auseinandersetzung mit dem „International Style“ im 20. Jahrhundert oder der Suche nach innovativen Lösungen für die Erdbebensicherheit von Gebäuden: Kojio zeigte in einem historischen Abriss den Weg des Unternehmens in die Moderne.

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Die Unterschiede im Bauschaffen zwischen Japan und Europa beleuchtete Kojio anhand zweier Vergleiche:

Die Anzahl der jährlich realisierten Neubauten in Japan übersteigt die in Deutschland bei weitem. Diese Zahlen lassen Rückschlüsse auf die unterschiedlichen Kulturen zu. In Deutschland wird „für die Ewigkeit“ gebaut, in Japan ist die Halbwertszeit von Gebäuden deutlich kürzer, der Umbau von Gebäuden selbstverständlicher. Dass diese Kultur traditionell begründet ist, scheint beispielsweise auch beim alle zwanzig Jahre neu errichteten nahezu tausendjährigen Ise-Schrein auf. Ein weiterer Vergleich zeigte die Unterschiede in der Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber, Architekten und ausführenden Firmen, die, anders als in Deutschland, in Japan häufig kürzere Wege geht:  Das Bauunternehmen ist für alle Gewerke zuständig. Somit ergeben sich Synergieeffekte und das Unternehmen hat am Gelingen des Projekts wesentlich größeres Interesse, als es für viele Subunternehmer im europäischen Modell der Fall ist.

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Takenaka nimmt als Firma mit architektonischem Anspruch auch an Architekturwettbewerben teil und konnte auch gegen renommierte Architekturbüros Preise gewinnen  – ein in Deutschland schwer vorstellbares Szenario. Neben einer umfangreichen Designabteilung setzt Takenaka auch auf Forschung. Ein 1200 Personen umfassender Forschungsbereich treibt technische Entwicklungen voran und leistet Maßgebliches nicht zuletzt auf dem Gebiet der Erdbebensicherheit. Diese Entwicklungen entstehen nicht erst auf Nachfrage, sondern sind Teil von unternehmerischer Grundlagenarbeit und Angebot. Wie das Unternehmen auch als Partner bekannter Architekten agiert, zeigte Kojio anhand einiger Projekte:

Der Prada Store in Tokio wurde nach dem Entwurf von Herzog & De Meuron verwirklicht. Kojio stellte die Fassadenkonstruktion aus gewölbten Glasscheiben vor und zeigte spannende Forschungsprozesse zum Bauvorgang.

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Nicht weniger interessant waren seine Erläuterungen zum Tod’s Ometesando Building von Pritzker-Preisträger Toyo Ito, das ebenfalls in Tokio erbaut wurde. Die Betonstrukturen der Fassade, die an das Astwerk eines Baumes erinnern, wurden mittels präziser Schalungen und individueller Bewehrungsmuster hergestellt. In intensiver Entwicklungsarbeit wurden Konstruktionen erarbeitet, die sowohl die Interessen der Architekten als auch des Bauherrn im Blick hatten. Auch die Langen Foundation von Tadao Ando in Hombroich bei Neuss zählt zu den realisierten Projekten des Unternehmens. Zeichnungen und konstruktive Schnitte zeigten die Besonderheiten des Ausstellungsgebäudes und machten deutlich, wie die Baufirma mit den sehr genauen Vorstellungen und Idealen des Architekten umging.

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Dass zunehmend auch Energieeffizienz in der Entwicklung von Projekten an Bedeutung gewinnt, zeigte schließlich das jüngst vollendete Projekt Abeno Harukas in Osaka, an dem unser Gast wesentlich beteiligt war. Über die städtebauliche Einordnung, die Staffelung der Baumassen, die Unterbringung sehr unterschiedlicher Funktionen – vom Bahnhof über Verkaufsflächen zu Hotels -zeigte die Erläuterung auch den Umgang der Planer mit den Ansprüchen an Energieeffizienz: Die städtebaulich begründete Gebäudeform berücksichtigt auch die Sonneneinstrahlung und die „Windschnittigkeit“.

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Gleichzeitig wird mit eingeschnittenen Grünbereichen eine weitgehend natürliche Belüftung des Gebäudes erreicht.  Diese Bereiche erfüllen zugleich mit der Schaffung von Gemeinschaftsbereichen soziale Anforderungen. Die Tatsache, dass in den Verkaufsflächen tagsüber größere Wärmeüberschüsse anfallen, während diese in den Hotelflächen eher abends zu erwarten sind, nutzten die Ingenieure zur Schaffung eines Konzepts, das durch Gebäudetechnik Energie einspart, anstatt Technik lediglich einseitig zur Erreichung von Komfortzielen einzusetzen.

Der Vortrag zeigte die Vielseitigkeit des japanischen Familienunternehmens, seine Anpassungsfähigkeit über nunmehr 400 Jahre.  Ryusuke Kojio unterstrich auf seiner letzten Folie mit dem Zitat Otto Wagners „Etwas Unpraktisches kann nie schön sein“, dass Baukultur bei Takenaka nicht nur Lippenbekenntnis bleibt.

Text: Daniel Hubert
Bild: Yvonne Klasen