Positionen japanischer Architektur: Riken Yamamoto
Am 28. Januar sprach Riken Yamamoto im Rahmen der Vortragsreihe architectural tuesday über theoretische, realisierte und geplante Projekte und stellte damit die letzte Position japanischer Architektur in diesem Semester vor.
Nach Vorträgen von Go Hasegawa, Ryuji Nakamura und Hiroshi Nakao ergänzte Riken Yamamoto die Reihe um eine Position, die ihre Begründung auch auf theoretischer und soziologischer Ebene findet.
Mit The Circle stellte Yamamoto zu Beginn eines seiner aktuellen Projekte vor. Das am Zürcher Flughafen geplante Gebäude soll die an internationalen Flughäfen üblichen Nutzungen wie Hotels, Konferenzräume, Shopping, Entertainment und Wellness vereinen. Der Begriff „Gebäude“ ist hier allerdings nicht ganz zutreffend, denn anstelle eines einzelnen Bauwerks verwirklicht Yamamoto die Anforderungen in einer Struktur die vielmehr der einer Stadt gleicht. Dazu zieht er nicht nur einen Vergleich mit der Flexibilität und den Dimensionen der mittelalterlichen Städte der Schweiz sondern spiegelt auch die vermeintlich landestypische Tugend der Präzision wider und bringt so die von den Investoren gewünschte Swissness zum Ausdruck. Eine Architektur aus extrem schmalen Stützen bildet die dazugehörige Übersetzung. Spätestens nach dem kurzen Film „How Mr. And Mrs. Smith“ wird die kleinteilige, innerstädtische Atmosphäre der „Divers(c)ity“ deutlich. Dass der Raum zwischen den Funktionen in Form von „Gassen und Plätzen“ eine mindestens ebenso wichtige Rolle in Yamamotos Architektur spielt, wie die Gestaltung des gewinnbringend kalkulierten Raums, wird auch in anderen Projekten deutlich. Architektur endet eben nicht an der Grundstücksgrenze.
Local Community Area ist eine theoretische Arbeit Yamamotos, auf deren Konzept einige realisierte Wohnungsbauprojekte basieren. Grundlage ist die Kritik gegenüber dem japanische One House – One Family System und dem gebräuchlichen Sicherheitsdenken nach dem privaten, alleinstehenden Haus. Auch die japanische Gesellschaft ist demographischen Veränderungen unterworfen: Lebten in den sechziger Jahren noch vier und mehr Personen in einem Haushalt in Tokio, sind es heute im Durchschnitt noch ein bis zwei. Die Architektur des isolierten Einfamilienhauses ist nicht mehr in der Lage den sozialen Veränderungen gerecht zu werden. Yamamoto zeigt mit Local Community Area eine Lösung für mietbare, kommunale Wohngruppen. Bestehend aus extrovertierten öffentlichen (jap. Mise) und introvertierten privaten (jap. Nema) Einheiten, kann jeder Bewohner, entsprechend seinen Bedürfnissen, unterschiedlich proportionierte Einheiten mieten.
Öffentliche Bereiche beinhalten Funktionen wie Ladengeschäfte, Büros, Bibliotheken oder verandaartige Bereiche. Funktionseinheiten, wie Bäder und kleine Küchen stehen den Bewohnern gemeinsam zur Verfügung. Mit dieser neuen Form des Zusammenlebens setzt Yamamoto nicht nur energetisch, sondern auch gesellschaftlich neue Maßstäbe.
Realisiert wurde der theoretische Ansatz unter anderem mit dem Projekt Pangyo Housing in der südkoreanischen Stadt Seongnam.
Aufgeteilt in neun Cluster befinden sich pro Einheit neun bis dreizehn Apartments, die sich, vertikal organisiert, über drei bis vier Geschossen erstrecken. Charakteristisch und das Konzept der Local Community Area aufgreifend ist das zweite Obergeschoss. Hier befinden sich die allseitig verglasten Gemeinschaftsräume (jap. Shiki), die über einen ebenen Außenraum in Verbindung zueinander stehen und als große Veranda verstanden werden können. Auch die weiteren Projekte von Yamamoto zeigen die intensive Auseinandersetzung des Architekten mit Ideen für funktionierendes Zusammenleben.
Mit einem Vortrag, der die Wichtigkeit und die Verantwortung gegenüber dem sozialen Aspekt in der Architektur verdeutlicht und zeigt, dass dieser Raum oftmals in den infrastrukturellen, öffentlichen, von der Wirtschaft vernachlässigten Bereichen liegt, endete der architectural tuesday „Positionen japanischer Architekten“ vorerst, denn im nächsten Semester geht es weiter: Mit Sou Fujimoto, Junya Ishigami, Hitoshi Abe und Shigeru Ban konnten weitere gewichtige „Positionen japanischer Architektur“ für Vorträge gewonnen werden. Die Termine der Vorträge werden rechtzeitig bekannt gegeben.
Text: Anna-Laura Oldenburg
Bild: Eva Westerfeld, Riken Yamamoto & Field Shop Co.