Positionen japanischer Architektur: Jörg Gleiter und Go Hasegawa
Am Dienstag, den 8. Oktober 2013 startete der architectural tuesday in eine neue Runde. In diesem Semester steht die Vortragsreihe der Architekturfakultät Köln unter dem Thema „Positionen japanischer Architektur“.
Zum Auftakt der Reihe sprach der Architekturtheoretiker Jörg Gleiter über die „Geschichte der japanischen Architektur nach 1945“. Einleitend sprach der Inhaber des Lehrstuhls für Architekturtheorie an der TU Berlin und der einzige nicht japanische Gastredner in diesem Semester über die Besonderheit der aktuellen Entwicklung einer jungen Architekten-Generation in Japan.
Geprägt von einer Souveränität und Freiheit, die international einzigartig ist, scheint die neue Generation eigene Wege zu gehen. Vor allem der Unabhängigkeit gegenüber der traditionellen japanischen und europäischen Architektur, sowie gegenüber dem Digitalen wurde während des Vortrags eine große Besonderheit zugeschrieben.
Ein Grund dafür ist laut Gleiter die Überwindung des durch die psychologische und mentale Lage Japans nach 1945 verursachten Modernisierungstraumas an dessen Ende nur ein Neubeginn stehen konnte.
Die Bewegungen die zur Überwindung des von Gleiter postulierten Traumas führten wurden schließlich im Hauptteil des Vortrags vorgestellt.
Beginnend mit der Überwindung der Moderne, verdeutlicht am Rathaus für Kurashiki von Kenzo Tange aus dem Jahr 1960 endete der Vortrag mit der Wandlung des sogenannten Metabolismus vom Avantgardistischen zum Gewöhnlichen und leitete zur jüngsten Architektengeneration über, die Gleiter vorsichtig als mögliche neue Avantgarde bezeichnete.
Bereits einen Tag darauf war mit Go Hasegawa ein Architekt dieser jungen Generation zu Gast in der Architekturfakultät Köln und ließ den Mittwoch zum tuesday werden. Der Japaner führte uns anhand von Plänen, Fotografien und Videos durch 8 Bauwerke seines relativ jungen Architektenlebens.
Unter der Überschrift „type and proportion“ wurden überwiegend Einfamilienhäuser gezeigt, die Titel wie „Book Shelf“, „Courtyard“ oder „Attic“ trugen und mit einem Wort das übergeordnete Konzept der Häuser verdeutlichten.
Ein sich durch alle gezeigten Werke ziehendes Thema war der Bezug von Privat und Öffentlich, von Gebäude und Umgebung kombiniert mit einem hohen Anspruch an die Detaillösungen.
Das von vielen Konventionen gelöste Spiel mit der Proportion des Raumes und des Bauteils zeigte verschiedene Herangehensweisen und Konzepte zum Umgang mit diesen Bezügen.
Anhand der gezeigten Projekte ließen sich seine Entwurfsmethoden klar erkennen: das Modell steht als wichtigstes Medium des Entwurfs im Vordergrund. Er erläuterte seinen Unwillen, Entscheidungen zu treffen und daher durch zahlreiche Varianten zu einer Lösung zu gelangen. Ebenso wichtig ist ihm die Schnittzeichnung, die seine mitunter eigenwilligen Raumhöhen und die Verschränkungen der unterschiedlichen Räume verdeutlicht
Hasegawas Statement, er hasse langweilige Gebäude war in allen seinen Entwürfen erkennbar. Alle boten interessante Raumeindrücke und überraschende Einblicke ohne effekthascherisch zu sein. Dass er sich in der anschließenden Diskussion als „old fashioned“ bezeichnete, bezog sich nur auf seine Arbeitsweise.
Voller erfrischend unkonventioneller Eindrücke bestätigte sich bei vielen Besuchern die These vom Vortag. Mit Go Hasegawa war als erste Position japanischer Architektur ein durchaus Avantgarde-verdächtiger, junger Architekt zu Gast an der Architekturfakultät.
Die nächste Position japanischer Architektur hören wir am 12. November. Dann ist Ryuji Nakamura zu Gast beim architectural tuesday.
Text: Anna-Laura Oldenburg
Bilder: Viviane Bonfanti, Henrik Hofrogge