Modul „Architektur formulieren“ | Ein Wochenende auf der Raketenstation
Im Zuge des Projektergänzungsmodules „Architektur formulieren“ verbrachten sechzehn Studierende der Master-Vertiefung „Strategien des Entwerfens und Konstruierens“ gemeinsam mit Lynn Kunze, Lehrende für Architekturtheorie, das Wochenende vom 12. – 14. März 2022 auf der Raketenstation und der Museumsinsel Hombroich. Besucht und begleitet wurde die Gruppe ebenfalls von Professor Nikolaus Bienefeld, Professor Paul Böhm und Christopher Schroeer-Heiermann.
Entsprechend der theoriebezogenen Vertiefung des Masterstudiengangs, lag das Augenmerk des Workshops auf der Betrachtung, Wahrnehmung und Formulierung von Architektur sowie deren atmosphärischer Wirkung. Dabei wurde der persönliche Blickwinkel der Betrachtung und Anschauung von Architektur durch Gruppenarbeiten sowohl in Frage gestellt, als auch zustimmend bzw. kontrastierend ergänzt. Drei Tage wurde gemeinsam geschnackt, geschrieben, gelauscht und geschwiegen.
Die Exkursion bot den Mastersstudierenden -nach der, aufgrund der Pandemie vorwiegend digital stattfindenden Lehre- außerdem die Möglichkeit ihre Gegenüber hinter den Bildschirmen in Persona besser kennen zu lernen und ließ einen beinahe bereits ungewohnten großartigen persönlichen Austausch in Bezug auf Architektur zu.
Am ersten Tag erfolgte die Einführung in das Blockseminar und den gewählten Themenschwerpunkt „Romantik“. Ein akustischer Betrag, welcher die Motive, Leitbilder, die vorherrschende Weltsicht und die Ausdrucksformen der Strömung/Epoche erläuterte, fungierte als Wissens-Auffrischung der Thematik. Die erste Aufgabenstellung sah vor, dass sich die Studierenden in Kleingruppen auf der Raketenstation einen Ort suchen sollten, der die Empfindung der Leitmotive der Romantik besonders eindrücklich zuließ. Besonderheit war hier, das auf verbale Kommunikation verzichtet werden sollte, um die Wirkung des atmosphärischen (Natur-)Raumeindrucks noch stärker zulassen zu können. Die ersten Sonnenstahlen des Frühlings am wolkenlosen Himmel luden mit der geschenkten Wärme zum Verweilen ein und schienen die Versöhnung von (Stadt-) Mensch und Natur geradezu idealisierend unterstützen zu wollen. Im Anschluss wurden die in der Gruppe non-verbal gewählten, „romantischen Orte“ in verschiedenen Textformen prosaisch oder lyrisch erläutert. Fotografien und Skizzen wurden als bildhafte Unterstützung genutzt. Nach kollektivem Kochen in der Gemeinschaftsküche des Gästehauses Kloster und dem sich anschließenden geselligen Abendessen an „der langen Tafel“ hörten die Studierenden einen Vortrag vom Dozenten und Philosophen Boris Oldenettel über die Strömungen der Romantik in der Philosophie, Literatur und Musik.
Am nächsten Tag schloss sich an das gemeinsame Frühstück die Erläuterung der zweiten Aufgabenstellung an. In den bestehenden Kleingruppen sollte ein architektonischer Entwurf entwickelt werden, welcher den romantischen Charakter des am Vortag gewählten Ortes unterstützen oder sogar noch steigern sollte. Besonderheit war hier, dass den Studierenden jeweils Charaktere zugewiesen wurden, deren individuelle Bedürfnisse im gemeinschaftlichen Entwurf Befriedigung erlangen sollten. Nach intensiver Arbeitsphase wurden die fruchtbaren Ergebnisse am Abend nach erneuter Verköstigung via konzeptionellen Piktogrammen, atmosphärischen Zeichnungen, maßstäblichen Plänen, sowie Arbeitsmodellen vorgestellt. Besondere Beachtung fand hier die Erläuterung des Zusammenhangs des Entwurfes mit dem Be- griff des Romantischen.
Am dritten und letzten Tag fand „die Architektur ebenfalls zur Sprache“. Den Studierenden wurde in zweier Gruppen jeweils ein Pavillon von Erwin Heerich auf der nahe gelegenen Museumsinsel zugeordnet, dessen Architektur und Atmosphäre sowohl in befürwortender als auch kritischer Betrachtung in Worte gerahmt und gefasst werden sollte. Die Art der textlichen Ausführung war auch hier freigestellt und ließ Freiheit und Raum zu verschiedenartigen Entfaltungen. Die innovativen Ergebnisse wurden in Form eines „architectural poetry-slams“ auf der Empore der „Arena“, einem Teil der Installation „Tilapia“ des Künstlers Katsuhito Nishikawa präsentiert.
Nach diesen drei intensiven und ergiebigen Workshoptagen schien das Resume dieser Erfahrung durch und durch positiv auszufallen und fand viele lobreiche Worte. Besonders die Atmosphäre der einzigartigen, Ruhe ausstrahlenden Umgebung schienen die Studierenden mit zurück nach Köln zu nehmen.
Text: Aline Ackermann, Jan Hennen
Beitragsbild: Tim Bahn
Fotos: Tim Bahn, Christopher Schroeer-Heiermann und Elisa Kania