Le Carnet Bleu | Deutsch-Französischer Workshop | Nachbericht 2019

Am 9. Mai, dem TH Köln Europa-Tag, stand beim diesjährigen „Blauen Heft“ 2019, einem interdisziplinären deutsch-französischen Projekt zur Sensibilisierung Jugendlicher für Umweltfragen, bürgerliche Verantwortung, Mobilität und den interkulturellen Dialog, die „grüne Stadt“ bzw. die „Natur im städtischen Raum“ im Fokus der Schüler*innen-Erkundungen. Die bisher erarbeiteten fünf „Blauen Hefte“ sind auf dem Internetportal „Das Blaue Heft – Le Carnet Bleu“ öffentlich zugänglich: www.carnetbleu.eu.

Wie beeinflussen grüne Infrastrukturen nachhaltig die Qualität des Lebensraums und tragen zum Schutz gegen die Klimaerhitzung bei?

Eine wunderbare Zusammenfassung des Projekts:

 

Detail-Aufnahme eines von einem Schüler*innen-und Studierenden-Team erarbeiteten Teil-Modells

18 französische Schüler*innen des Lycée Pasteur Lille, Frankreich (Jahrgangsstufe 10) und 21 deutsche Schüler*innen (Jahrgangsstufe 11) von der Lise-Meitner-Gesamtschule Köln-Porz erforschten im Laufe des Schuljahres den Stellenwert von Kleingartenkultur, öffentlichen Grünanlagen, des „Urban Gardening“, der Gebäudebegrünung, der Biodiversität in der Stadt, von ökologischen Stadtvierteln und „grünen“ Bürgerinitiativen. Sie besichtigten jeweils im Klassenverbund spezifische Gelände und Anlagen, forschten in Arbeitsgruppen und führten Gespräche mit Stadtplanungs- und Landschafts-Expert*innen und Projekt-Initiator*innen. Die Jugendlichen wurden auf die Bewerbung der Stadt Lille für den „European Green Capital Award 2021“ (EGCA) aufmerksam gemacht und eingeladen, eigene Projekte zu entwerfen, die zur grünen und nachhaltigen Qualität der Stadt beitragen.
Während der deutsch-französischen Begegnung in Lille (und später auch Köln) fand die gemeinsame Begehung und Analyse des Geländes „Max Dormoy“ statt. Eine wichtige Grundlage für den Tag an der Fakultät für Architektur der TH Köln, der mittlerweile ein wesentlicher Bestandteil des „Blauen Heft“-Projektes geworden ist und dem Entwerfen, als auch vor allem dem Modellbau, gewidmet ist.

Einer der 7 Modellbau-Tische während der Mittagspause

Die deutsch-französisch gemischt zusammengestellten Schüler*innen-Teams bekamen an der Fakultät für Architektur die Gelegenheit unter der Anleitung von jeweils zwei Architektur-Studierenden (Bachelor- und Master-Studierenden) eigene „grüne“ Projektideen zu diskutieren und zu entwerfen.

Live-Schaltung zum Europa-Tag, Campus Südstadt im Anschluss an den dort stattfindenden Vortrag der Stadt Köln zu Europäischen Städtepartnerschaften (Köln-Lille eine davon)

Auch in diesem Jahr unterstützen wieder 14 TH Köln-Studierende, darunter auch französische, ungarische und japanische Austausch-Studierende, die Schüler*innen den ganzen Tag beim Entwerfen, Diskutieren, sich Verständigen, Einigen und dem Modellbau für das „Max Dormoy“ Gelände in Lille, das aktuell in Lille sehr intensiv diskutiert wird.

Erläuterungen zum „Max Dormoy“ Gelände (Kontext) durch Fanny Frigout, Architektin aus Lille, Rat für Architektur, Stadtplanung und Umwelt des Nordens (Übersetzung Dorothee Ulrich, Leiterin Goethe-Institut Lille)

Die Stadt Lille hat das Gestaltungskonzept für dieses Gelände noch nicht entschieden und führt aktuell Gespräche mit Bewohner*innen, deren Ergebnisse zeitnah umgesetzt werden sollen. Zielvorgabe ist, neue Formen städtischer Nähe zu schaffen, die urbane Funktionen miteinander verbinden: Wohnen und Produzieren. Die Ansiedlung unterschiedlicher Aktivitäten wie Kleinindustrie, Handwerk, Dienstleitungsgewerbe, Logistik, Handel, aber auch sportliche, kreative, kulturelle Angebote und festliche Ereignisse sollen die funktionale und soziale Mischung fördern.

Präsentation des (aus 7 Teil-Modellen zusammengestellten) Gesamtmodells für das „Max Dormoy“ Gelände am Ende des TH Köln-Tages

Auch die Arbeitsergebnisse der deutsch-französischen Schüler*innen-Teams werden in die Entscheidung der Stadt Lille einfließen und wurden, wie auch im Vorjahr, den Vertreter*innen der Partnerstädte und beteiligter Kultur- und Bildungsinstitutionen sowohl in Köln, im Institut Français, unter anderem der Bürgermeisterin der Stadt Köln, Frau Scho-Antwerpes, als auch in Lille vorgestellt.

Abschließende Worte der Projektinitiator*innen am Ende des TH Köln-Tages

Folgend ein Bericht aus Sicht eines Bachelor-Studierenden der Fakultät für Architektur der TH Köln, Simon Schnittker: ,,Warum brauchen wir unbedingt eine grünere Stadt und eine nachhaltige Stadtentwicklung?“ Dass sich diese Frage aufgrund unserer momentanen Situation schnell von selbst erklärt hat, da waren wir, die Studierenden der TH Köln, und die Schülerinnen und Schüler uns schnell einig. Viel wichtiger und interessanter war für uns aber das Forschen nach dem ,,Wie“. ,,Wie kann Architektur zu einer lebenswerten Entwicklung beitragen? Wie können nachhaltige Gedanken konkret umgesetzt werden?“. Um Antworten zu finden, analysierten wir gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern einen Stadtabschnitt in Lille, der sich zwischen den Flüssen Deule und Becuerel befindet. Nach einem ersten Austausch, über die Stärken und Schwächen des Gebiets, ging es direkt darum die Ideen und Vorschläge in einem Modell festzuhalten.

Jedes deutsch-französische Schüler*innen-Studierenden-Team hatte einen Styro-Cutter zur Verfügung, der beim Modellbau nie fehlen darf

Hierbei lag der Fokus nicht immer auf der konkreten Darstellung der richtigen Proportionen oder der Abbildung realistischer Gegebenheiten. Viel entscheidender war es, die Übersetzung einer nachhaltigen, angenehmen und ,,grünen“ Atmosphäre im Modell zu schaffen.

Deutsch-französische Teams bauen jeweils ein Teil-Modell für das gesamte Gelände

Unsere Aufgabe war es, den Schülerinnen und Schülern verschiedene Möglichkeiten zu zeigen, wie sie ihre Gedanken im Modellbau umsetzen konnten. Ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen sich ihre Ideen übersetzen und verwirklichen ließen. Dieser ganze Prozess verlief extrem dynamisch und wurde durch einen großen Austausch zwischen Schülerinnen und Schülern und Studierenden geprägt. Am Ende entstand ein Modell des Stadtteils in Lille, das viele interessante Aspekte einer nachhaltigen Stadtentwicklung zeigt.

Deutsch-französische TH Köln-Studierenden-Teams unterstützen die deutsch-französischen Schüler*innen-Teams bei der Umsetzung ihrer Gedanken ins Modell

Dabei lag besonderer Fokus auf dem Aufbrechen alter Grenzen, das Erschaffen neuer Verbindungen und dem verantwortlichen Umgang mit den alten Bestandsgebäuden. So erschufen die Schülerinnen und Schüler im Modell neue, öffentliche Orte mit hoher Aufenthaltsqualität und neuen Möglichkeiten zur Begegnung. Der Stadtabschnitt hat eine neue ,,Grüne Lunge“ bekommen, indem das Element Wasser an neuer Stärke gewonnen hat.

Die Sprachen wechseln zwischen Zeichnen, Französisch, Deutsch und Englisch

Parallel zur kreativen Modellbauphase stand die deutsch-französische Kommunikation im Mittelpunkt. Zwischen Englisch, Französisch und Deutsch wurden Ideen weitergegeben und Meinungen ausgetauscht. So war am Ende nicht nur der Fokus, aus architektonischer Sicht, auf der Stärkung neuer, verschiedener Verbindungen in der Stadt, sondern auch das inoffizielle Motto des Workshops.

Deutsch-französisches Kartenspiel in der Mittagspause

Text: Magdalena Piontek und Simon Schnittker
Bilder: Fabio Burghardt und Magdalena Piontek