Japan-Austausch | Kyoto-Workshop 2017 | Nachbericht

Vom 10. Oktober bis zum 20. Oktober 2017 fand zum dritten Mal ein internationaler Workshop am Kyoto Institute of Technology (KIT) statt, an dem sechs Studierende der TH Köln teilnahmen. Unter Betreuung von Prof. Kimura und Prof. Kakuda vom KIT sowie Prof. i.V. Schroeer-Heiermann von der TH Köln wurde neben mehreren Exkursionen eine Entwurfsaufgabe ausgegeben, die in kleinen Gruppen ausgearbeitet wurde.

Mehrere Studierende haben die Gelegenheit genutzt und sind schon Anfang Oktober nach Japan gereist, um sich einiges anzusehen und sich an das Land und die seine Kultur zu gewöhnen. Eine Workshop-Teilnehmerin aus Köln ist eine von zwei Austauschstudierenden unserer Fakultät am KIT und wird dort für ein Jahr studieren. Dieses Austauschprogram für Bachelorstudenten gibt es seit 2015.

Am ersten Workshoptag fand eine spannende Einführung in die politische und städtebauliche Geschichte von Kyoto und Umgebung statt. Diese war unentbehrlich für die Bearbeitung der Aufgabe: es galt, ein Besucherzentrum für lokale Handwerkskunst zu entwerfen. Vorgegebenes Baumaterial war Holz. Nach der Einführung ging es zum Baugrundstück, welches am Rande eines alten Kanals – ursprünglich für die Versorgung einer Tempelanlage angelegt – positioniert war.

Nähere Einblicke in die Japanische Bau- und Handwerkkunst hat ein Besuch des Namikawa Cloisonne Museums geboten: ein zum Museum umgenutzter altes Machiya. Dieses ist ein lokaler Wohnhaustypus aus Holz mit innenliegendem Hof, bzw. Garten, der in diesem Fall auch einen kleinen Teich beherrbergte. Hier bekam man zudem einen Eindruck von der hohen Kunst der Emaille-Arbeit, welche Jahre lang hier ausgeführt wurde.

Es wurde auch eine zweite Machiya besichtigt, welche gelegentlich von der KIT als Veranstaltungs- und Ausstellungsräume genutzt wird. Hier war ein kleiner Steingarten im Hofbereich angelegt und es bot sich, weil das Haus unbewohnt war, die Gelegenheit, alle Bereiche etwas genauer anzuschauen. Am Abend wurden wir zu einem kleinen Empfang in der KIT eingeladen. Der Workshop wurde offiziell eröffnet!

In den nächsten Tagen wurden der Standort analysiert und erste Konzepte vorgestellt. Die Studierenden arbeiteten in Gruppen, zusammengesetzt aus Studierenden aus der Alvar Aalto Schule in Helsinki, der Macintosh School in Glasgow, der École nationale supérieure d’architecture de Versailles und der École nationale supérieure d’architecture de Paris-La Villette La Villette sowie den Studierenden aus der TH Köln. Es wurde ihnen eine Gruppe von Japanischen Masterstudierenden zur Seite gestellt, die sowohl für praktische als auch kritische Fragen zur Verfügung standen.

Die Japanischen Masterstudierenden organisierten ebenfalls eine Tagesexkursion nach Kobe, wo wir mehrere spannende Bauten besichtigen konnten. Zuerst ging es oben auf Mt. Rokko, wo die Rokko-Shidare Observatory, von Hiroshi Sambuichi Architects entworfen, hoch über der Bucht von Osaka und Kobe thront. Hier wurde eine Vielzahl von Elementen im Bau eingeplant, die das Einfangen von bestimmten Wetterereignissen ermöglichten. Frost wurde beispielsweise an der filigranen Struktur der Kuppel eingefangen, der dann beim Auftauen in Rückhaltebecken gesammelt wurde. In diesen Rückhaltebecken werden aus dem herabtropfenden Wasser Eisblöcke gewonnen. Diese Blöcke wurden wiederum gespeichert und im Sommer als Kühlaggregate verwendet, um den Raum mittels eines Kamineffektes zu kühlen. Es gab auch Sonnenterrassen und Stellen, an denen man besonders gut im Winter Eiszapfen beim wachsen beobachten kann.

Hiernach ging es zum Koshino Haus von Tadao Ando aus dem Jahr 1979-1981. Es fanden jedoch seit dem Errichten dieses Hauses mehrere Umbauten statt – die letzte hat das ehemalige Wohnhaus in eine Galerie umgewandelt. So wurden bestimmte räumliche Situationen stark verändert. Die Räume waren jedoch nach wie vor sehr beeindruckend und der Beton in der von Ando zu erwartenden Qualität.

Nach dem Mittagessen in Kobe ging es zum Takenaka Carpentry Tools Museum, das von der Takanaka Cooperation errichtet und betrieben wird. Hier gab es die Möglichkeit in die Japanische Handwerkstradition von Holzbau zu schauen. Anhand von verschiedenen Exponaten konnten Holzverbindungen, Materialien, Aufbauweisen und Werkzeuge angeschaut und verstanden werden.

Schweren Herzens mussten wir das Museum verlassen und besuchten zum Abschluss das Museum of  Modern Art in Kobe, dass ebenfalls von Tadao Ando entworfen wurde. Es bildet einen Teil einer städtebaulichen Neuordnung entlang der Hafenkante, die nach dem Erdbeben vor 20 Jahre vorgenommen wurde.

Neben weiterer Entwurfsarbeit wurde in den nächsten Tagen ein Besuch am Kiyomitzu-Dera Tempel vom KIT organisiert. Teile des Tempels werden gerade mit einem neuen Dach versehen. Uns wurde die einmalige Gelegenheit geboten, am hölzernen Gerüst entlang der Dachtraufe zu spazieren und die Konstruktionsweise aus nächster Nähe zu betrachten. Hier wurde die Dachfläche komplett erneuert und aus dünnen Streifen von roter Zedernrinde (am Rand 64 Lagen) gedeckt. Der obere Randbereich samt Eindeckung wird ca. alle 50 Jahren erneuert und die unteren Traufbereiche alle 100 Jahre.

Als spontaner Ausflug ist eine kleinere Gruppe zum Kyoto International Conference Center von Sacio Otani aus dem Jahre 1963 geradelt, wo wir nicht ganz bis ins Foyer hinein durften, aber schon mal einen Eindruck von den Innenräumen bekommen haben. Hier wurde das Kyotoprotokoll ausgehandelt. Neben dem Brutalismus ist hier auch die typische Atmosphäre der 60er Jahre gut wahrzunehmen.

Nach mehreren Überarbeitungen, Zwischenpräsentation und Verfeinerungen wurden alle Projekte am 20.10.2017 im Hauptsaal der 60th Year Memorial Hall, einem Stahlgebäude von Prof. Kimura aus dem Jahr 2010, präsentiert.

Hier waren neben den Dozenten auch David Leclerc aus Versailles, Michael Paripol Tangtrongchit, Dekan des King Monkut’s University of Technology, Thonburi, Bangkok und Kentaro Takeguchi von Alphaville Architects, Kyoto, als Gastkritiker dabei. Abschließend wurde gemeinsam in einem Fondue-Restaurant in der Innenstadt gegessen und später entlang des Flusses gefeiert.

Die Projekte, die innerhalb von 10 Tagen ausgearbeitet wurden, wiesen alle hohe konzeptuelle und räumliche Qualitäten auf. Es zeigt sich immer wieder, dass dieses intensive Workshop-Format eine wertvolle Arbeitsweise ist, bei der eine Auseinandersetzung mit neuen Aufgaben innerhalb von kürzester Zeit sehr spannende Ergebnisse vorweisen können. Auch die Zusammenarbeit mit Studierenden aus anderen Institutionen war ein für alle Beteiligten erfreuliches und fruchtbares Erlebnis. Vielen Dank hierfür nochmal an dieser Stelle!

Der Workshop wurde anschließend im November in Köln fortgesetzt, als 6 Japanische Studierende und 2 Professoren sich an der TH Köln mit dem Thema ‚Römische Mauer Besucherzentrum‘ auseinandergesetzt haben. Blogeintrag folgt!

Wir freuen uns auf die Workshops in 2018!

Teilnehmer:
Samuel Danke
Cindy Guchi
Larissa Leibold
Jenny Meyer
Hannah Nowak
Jan Schönborn

Text und Fotos: Chris Schroeer-Heiermann