Exkursion Graz | Nachbericht

Exkursion des Studiengangs „Denkmalpflege und Planen im Bestand“ nach Graz (Österreich) | 09. – 13.Oktober 2017

Wie baut man im Kontext historischen Bestands? Wie sieht ein angemessener und respektvoller Dialog aus Alt und Neu aus? Welche Interessen verfolgen Denkmalpfleger, Architekten, Investoren und Stadtplaner bei der Entwicklung eines Bauprojektes im denkmalgeschützten Bestand?

Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich Studierende und Lehrende der TH Köln, Institut für Baugeschichte und Denkmalpflege, und der FH Joanneum Graz (Österreich) auf einer gemeinsamen Studienreise nach Graz und Umgebung vom 9. bis 13. Oktober 2017. Die Lehrenden Prof. Dr. Schöndeling, Prof. Dr. Lohmann, Martina Rentrop-Yen und 12 Studierende der Architektur der TH Köln wurden von den Grazer Kollegen Prof. Wolfgang Schmied, Alois Murnig, Tim Lüking, Stefanie Weinrauch und 17 Grazer Studierenden empfangen. In Besichtigungen, Exkursionen, Vorträgen und einem Workshop konnten die Partner beider Institutionen mit Hilfe konkreter Beispiele die genannten Fragen zum „Bauen im Bestand“ sowie die Unterschiede und vielen Gemeinsamkeiten in der Herangehensweise diskutieren.

Nach einem ersten Stadtrundgang durch die Grazer Altstadt lernten die Beteiligten im Rahmen des von den Grazer Kollegen organisierten „Existing Structures Day“ in Fachvorträgen bauforscherische, denkmalpflegerische und ökonomische Herangehensweisen an die Herausforderungen des Bauens im Bestand kennen. Im Rahmen des Symposiums hielt Prof. Dr. Daniel Lohmann der TH Köln einen Vortrag über die denkmalpflegerischen Aktivitäten auf dem Areal der „Verseidag“ Krefeld. Das Industriedenkmal, das um 1930 nach Plänen Mies van der Rohes erbaut wurde, befindet sich derzeit im Prozess der Restaurierung und Umnutzung, und war auch der Schauplatz der Entwurfsprojekte beider Institute im letzten Semester. Zunächst wurden die Entwürfe bei einem Treffen im Frühjahr in Krefeld und Köln gemeinsam und dann getrennt an den Hochschulen bearbeitet. Die beeindruckend vielfältigen Ergebnisse der studentischen Projekte wurden nun in der öffentlichen Ausstellung „Mies weiterbauen“ in der FH Joanneum präsentiert, die am Abend des zweiten Tages feierlich gemeinsam eröffnet wurde. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse ist in Vorbereitung.

Der dritte Tag stand im Zeichen der Fallbeispiele, zu denen eine gemeinsame Busreise in die Steiermark nach Leoben und Eisenerz unter der Leitung von Alois Murnig, stellvertretender Leiter des Bundesdenkmalamtes Steiermark, unternommen wurde. Anhand der besichtigten Projekte wurden gemeinsam mit jeweiligen Projektbeteiligten die Parameter erörtert, unter denen im historischen Kontext geplant und gebaut wird.

Am vierten Tag konnten die Studierenden in einem gemeinsamen Workshop an den im letzten Semester entstandenen Entwürfen eben diese Parameter experimentell anwenden: In einem Rollenspiel schlüpften die Teilnehmer in die Rollen von Architekten, Investoren und Denkmalpflegern, und erörterten spielerisch anhand der Entwürfen ihrer Kommilitonen eben diese Fragen. Es wurde schnell deutlich, wie stark gerade das qualitätvolle Bauen im Bestand von Dialog, Zusammenarbeit und Kompromiss abhängig ist.

Nachmittags konnte bei einem Stadtrundgang der Aspekt der Bauforschung und Archäologie am Beispiel der Leechkirche, der ältesten Kirche in Graz vorgestellt werden. Abschließend konnten die übergeordneten denkmalpflegerischen Themenfelder des UNESCO-Welterbe-Schutzes mit einem Blick vom Schlossberg auf die geschützte Dachlandschaft der Stadt Graz in der herbstlichen Abendsonne und bei einer Führung durch das ebenso geschützte Barockschloss Eggenberg beleuchtet werden.

 

Die Veranstaltung wurde großzügig vom International Office der TH Köln mit Mitteln aus den ERASMUS-Programmen „Exkursionsstipendien“ sowie „Personalmobilität“ gefördert. Die Fakultät für Architektur der TH Köln, und insbesondere das Institut für Baugeschichte und Denkmalpflege hat in der Vergangenheit eine enge ERASMUS-Partnerschaft mit der FH Johanneum Graz aufbauen können. Prof. Dr. Schöndeling informierte am zweiten Tag der Reise in einem Vortrag die Grazer Master-Studierenden über die Studienstruktur des Kölner Studiengangs und die Austauschmöglichkeiten. So herrschen spätestens jetzt beste Voraussetzungen für die Studierenden, ein Austauschsemester an der jeweiligen Partnerhochschule zu absolvieren.

 

Text: Daniel Lohmann
Fotos: Daniel Lohmann, Juliane Wagner, Stefanie Weinrauch