Energieoptimierter Austausch
Das Kollektiv „Energieoptimierter Austausch“ ließ das Sommersemester 2022 mit einem Highlight ausklingen. Um den Austausch unter den Architekturstudierenden anzuregen, planten die Teilnehmer des Kollektivs für den 7. Juli eine Exkursion nach Darmstadt. Dieser Ausflug bildete zeitgleich den Auftakt des Kollektivs, welches eine Stärkung der sozialen Interaktion innerhalb der Mastervertiefung „Energieoptimiertes Bauen“ fördern soll. Vor allem für die Studierenden, die mit dem Masterstudium an der TH Köln beginnen, bietet dies eine gute Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und wertvolle Informationen über die TH und die Vertiefungsrichtung zu erlangen. Neben dem Hauptziel der von haascookzemmrich STUDIO2050 konzipierten Alnatura Arbeitswelt zählten das UNESCO Welterbe auf der Mathildenhöhe und die Waldspirale von Friedensreich Hundertwasser zu den Programmpunkten. Die Präsentation von wichtigen Informationen durch die Exkursionsleitenden über die besichtigte Architektur initiierte viele offene Diskussionen.
Gebäude 1
Alnatura Arbeitswelt
Den ersten Besichtigungspunkt bildete der Alnatura Campus mit der Alnatura Arbeitswelt.
Nach einer kleinen Stärkung im Restaurant „tibits“ der Alnatura Arbeitswelt fand die Besichtigung des Gebäudes und des Campus statt. Während der Besichtigung konnten die im Vorfeld eingeholten Informationen zu der Architektur, Konstruktion, Akustik und zum Energiekonzept durch Austausch vertieft werden.
Die Alnatura Arbeitswelt bildet den Firmensitz der Biomarkenkette Alnatura und ist das größte Bürogebäude mit einer Lehmfassade in ganz Europa. Die Arbeitswelt gliedert sich in die Bereiche Büro, Konferenz und Restaurant. Auf drei Etagen werden für bis zu 500 Mitarbeitende flexible Arbeitsplätze inkl. offener Teeküchen um ein Atrium verteilt angeboten. Das Erdgeschoss schafft einen Begegnungsort für Besuchende und Mitarbeitende.
Das Gebäude ist in der Grundstruktur ein Stahlbetonskelettbau mit einem nicht hinterlüfteten Dachtragwerk aus Holzbindern. Aufgrund der durchlaufenden Dachfenster lassen sich die gegenüberliegenden Dachträger nicht kraftschlüssig miteinander verbinden. Folglich wurden zwei voneinander entkoppelte Strukturen von Holzbindern auf Stahlbetonstützen entwickelt. Die Fassaden bilden stirnseitig zwei Holz-Pfosten-Riegel-Fassaden und längsseitig Stampflehmwände. Für die Lehmwände wurde Lehm aus dem Westerwald, Lavaschotter aus der Eifel und ein recycelter Anteil aus dem Tunnelaushub Stuttgart21 verwendet. Zudem verfügen die Wände über eine 17 cm starke Kerndämmung aus recyceltem Schaumglasschotter.
Während der Besichtigung des Atriums ließ sich eine sehr ruhige und angenehme Raumakustik feststellen, welche auf die durchgeführten baulichen Maßnahmen zurückzuführen ist. Die offenporige Struktur der Stampflehmwände und die verlegten Teppichböden unterstützen die Akustik. Die Kernwände sind mit mikroperforierten Holzplatten und die Dachunterseiten und Fensterumrandungen mit schallwirksamen Nadelholzlamellen verkleidet. Auf den Unterseiten der Betondecken kleben Absorberstreifen aus Schaumbeton, die zusätzlich den Nachhall dämpfen. Eine schallwirksame Holzlamellendecke überspannt das Atrium und die komplett offen gehaltenen Büroflächen. Auch die Ausstattung mit hohen Sofas, Regalen und mehrlagigen Akustikvorhängen wirkt sich positiv auf die Akustik aus.
Das Energiekonzept der Beleuchtung sieht tageslichtdurchflutete Innenräume vor. Dies wird durch die raumhoch verglaste Ost- und Westfassade, den hellen Oberflächen im Innenraum, das Atrium und die nach Norden ausgerichteten Oberlichter gewährleistet. Das Kunstlicht wird in Abhängigkeit von Nutzung und Tageslicht gesteuert.
Das Belüftungskonzept basiert auf dem sogenannten Kamineffekt des Atriums. Zwei Ansaugtürme ziehen Frischluft aus dem westlich gelegenen Kiefernwald. Diese Luft wird über einen Erdkanal vorkonditioniert und über Quellluftauslässe in die Bürobereiche befördert, wo sie langsam über natürliche Thermik bis zum Dach strömt und austritt. Zusätzlich lassen sich die Innenräume über die Fenster natürlich belüften. Während der Besichtigung war ein angenehmes Raumklima vorzufinden, welches auf das Energiekonzept der Kühlperiode, bestehend aus einem Dachüberstand der Ost- und Westfassade, einer außenliegenden Verschattung und einem innenliegenden Sonnen- und Blendschutz der Fenster, zurückzuführen ist. Zudem unterstützt die Speichermasse der dicken Lehmwände und der Betondecken ein ausgeglichenes Raumklima. Darüber hinaus wird die Lehmwand als passiver Temperaturspeicher und als aktive, abstrahlende Fläche genutzt. Im Lehm eingelassene Heizschlangen mit geothermisch temperiertem Wasser kühlen bei Bedarf die Wandflächen.
In der Heizperiode ermöglichen die Verglasungsflächen die Nutzung von solaren Gewinnen und reduzieren die Wärmeverluste. Zur Bereitstellung von Wärmeenergie sorgen ein Gaskessel und eine Erdwärmepumpe. Zudem wird die Abwärme der Küchenzonen genutzt. Die in den Lehmwänden eingelassenen Heizschlangen mit geothermisch temperiertem Wasser erwärmen die Wandflächen und folglich die Raumluft. Zur Bereitstellung von elektrischer Energie ist auf dem Satteldach eine Photovoltaikanlage installiert. Darüber hinaus wird in einer Zisterne Regenwasser gespeichert, welches für die Sanitäranlagen und der Bewässerung der Außenanlage genutzt wird.
Gebäude 2
Mathildenhöhe – UNESCO Welterbe
Von dem Alnatura Campus zogen die Exkursionsteilnehmer weiter zum zweiten Programmpunkt dem UNESCO Welterbe auf der Mathildenhöhe. Dort angekommen wurde die Künstlerkolonie, bestehend aus frühmoderner Architektur-, Stadt- und Landschaftsgestaltung erkundet, angefangen bei dem vom Architekten Joseph Maria Olbrich entworfenen Hochzeitsturm bis zur Dreihäusergruppe. Letztere ist ein Ensemble aus drei Gebäuden, dem „Blauen Haus“, dem „Grauen Haus“ und dem „Holzgiebelhaus“, welche im Inneren voneinander getrennt sind. Durch die unterschiedlich ausgeführten Giebel lassen sich die Gebäude voneinander unterscheiden.
Gebäude 3
Waldspirale von Hundertwasser
Den letzten Programmpunkt bildete die von Hundertwasser konzipierte Waldspirale. Ein zwölfstöckiges, u-förmiges Wohngebäude mit einem begrünten, rampenförmigen Schrägdach und goldenen Zwiebeltürmen. Der Wohnkomplex wurde mit Recycling-Beton errichtet und verfügt über 105 Wohnungen. Die Architektur weist kein bestimmtes Gestaltungsmuster auf. Unterschiedliche Fensterformen schmücken die farbenfrohe Fassade. Der autofreie Innenhof wird durch einen Regenwasserteich mit einem kleinen Wasserlauf belebt.
Auf dem Rückweg zur TH Köln ließen die Exkursionsteilnehmer in einem kleinen Café den Nachmittag ausklingen. Es hat viel Spaß gemacht, mit den Kommilitoninnen unterwegs zu sein und über die besichtigte Architektur ins Gespräch zu kommen.
Vielen Dank an alle Teilnehmerinnen.
Die Studierenden der Mastervertiefung „Energieoptimiertes Bauen“ freuen sich auf weitere gemeinsame Exkursionen!