DenkmalDienstag: Berlin Mitte | Nachbericht
Am 10. April lud das Institut für Baugeschichte und Denkmalpflege unserer Fakultät zur ersten Veranstaltung der neuen Vortragsreihe „DenkmalDienstag“ ein.
Den Auftakt machte der Architekt, Denkmalpfleger und Hochschullehrer Prof. Dr. Christian Raabe. Er ist Inhaber eines Architekturbüros in Berlin und Professor für Denkmalpflege an der RWTH Aachen. Inhalt seines Vortrags war seine jahrelange theoretische und praktische Forschungsarbeit zu Karl-Friedrich Schinkels Bauakademie, die zu der temporär geplanten Teilrekonstruktion einer Ecke des Bauwerks als experimentelle Forschungs-Baustelle um das Jahr 2000 führte.
Zu Beginn erläuterte Christian Raabe was es mit dem Titel „Kon-Tiki oder eine Ecke der Bauakademie“ seines bevorstehenden Vortrags auf sich hat. Um den kulturellen Einfluss Südamerikas auf die Besiedlung Polynesiens zu beweisen, segelte der Norweger Thor Heyerdahl 1947 mit einer Rekonstruktion des Floßes „Kon-Tiki“ von Lima aus über den Pazifik. Die erfolgreiche Expedition war zwar kein wissenschaftlicher Beweis, dennoch zeigte Heyerdahl, dass eine Besiedelung Polynesiens von Südamerika aus technisch möglich gewesen wäre. So segelte auch Christan Raabe in das Projekt „eine Ecke der Baukademie“, wie er selbst sagt. Er sieht die Teilrekonstruktion der Bauakademie als lebendiges Forschungsobjekt. Das Projekt ist kein Versuch an einer neuen Deutung, sondern soll die über 150 Jahre lange Forschung über Schinkel um eigene Erkenntnisse und Interpretationen ergänzen.
Die Forschung über Schinkel hat bis dahin noch nichts über Konstruktion und Materialist verraten. Und er musste dann eine Matrix erstellen, um das Fußmaß in Meter umzurechnen. Alleine das Herausfinden, welches Fußmaß verwendet wurde, stellte ihn vor eine große Herausforderung.
Christian Raabe gab einen Einblick in die über eineinhalb Jahre andauernde akribische, nahezu detektivische Forschungsarbeit, die von Tag zu Tag spannender wurde. Die Forschung über Schinkel zeigt Lücken hinsichtlich Konstruktion und Materialität auf. So musste Raabe und sein Team zunächst herausfinden welches Fußmaß verwendet wurde, da es kein einheitliches deutsches Fußmaß gibt. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Schinkel höchstwahrscheinlch das Brandenburgische Fußmaß verwendete, das auf neun Stellen nach dem Komma genau war. Die Umrechnung in Meter erfolgte durch eine eigenst dafür angefertigte Matrix.
Mithilfe von 2600 Fundstücke, in Form von originalen Formziegeln und der noch vorhanden Zeichnungen von Schinkel und Paulik, konnten Rückschlüsse gezogen werden. Das Herstellen der Formsteine erwies sich als besonders kompliziert und aufwendig. Zudem stelle Christian Raabe fest, dass das Normalformat aus fünf verschiedenen Ziegelgrößen besteht. Pro Ziegel waren demnach mindestens vier bis fünf Pläne notwendig, so wurden insgesamt rund 600 Pläne allein für die Ziegel produziert.
Durch seine Recherchearbeiten vermutet Raabe, dass die Maße der Bauakademie auf den Millimeter genau auf den Maßen des Pantheons in Rom entsprechen. Vielleicht war das der Grund warum Schinkel das Ziegelmaß an das Gebäudemaß angepasst hatte und nicht umgekehrt.
Prof. Dr. Christian Raabe hielt einen außerordentlich spannenden und anschaulichen Vortrag. Rundum eine gelungene Auftakt-Veranstaltung der neuen Vortragsreihe, die Einblicke in die Theorie und Praxis der Denkmalpflege und des Planen im Bestands gibt.
Wir sind gespannt auf die zwei weitern Gäste, die wir in diesem Semester im Rahmen der Vortragsreihe „DenkmalDienstag“ erwarten.
Bilder: Janina Hofius