Christoffer Harlang | architectural tuesday | Nachbericht
DANSK ARKITEKTUR – Der architectural tuesday der Fakultät für Architektur der TH Köln widmet sich im Wintersemester 2016/17 Dänemark, seinen Architekten und Stadtplanern. An sieben Dienstagsabenden kommen sieben bedeutende Persönlichkeiten der dänischen Szene zu Wort, die unterschiedlichen Generationen angehören und unterschiedliche Arbeitsgebiete abdecken: In der Zusammenschau der Vorträge wird sich am Beispiel Dänemarks nicht nur das typisch „Nordische“ der Architektur des Landes erweisen, sondern auch ein klares Bild ergeben, welche Funktion und Bedeutung Stadtplanung und Architektur für eine Gesellschaft haben kann.
Für die Auftaktveranstaltung am 15. November 2016 konnte die Fakultät Prof. Christoffer Harlang vom The Royal Danish Academy of Fine Arts (KADK) in Kopenhagen gewinnen. Er hat mehrere Bücher über dänische und skandinavische Architektur geschrieben und lehrte an Universitäten in Europa, den USA, Asien und Afrika. Der Architekt und Hochschulprofessor gab dem Publikum einen Einblick in die Entwicklung der dänischen Architektur – vom Beginn der modernen Ära bis zur zeitgenössischen Szene.
Prof. Christoffer Harlang
Christoffer Harlang leitete mit der Frage ein, wie es ein kleines Land wie Dänemark zu einer so großen und bedeutenden Architekturgeschichte schaffte.
Nationale Identität betonen
Die Architektur und das Stadtbild Dänemarks, weist Harlang auf, sei ein von vielen Kulturen inspiriertes Konstrukt. So wie die von den Griechen stammende Demokratie oder auch die Kirchen, die aus dem mitteleuropäischen Raum entsprangen und sich über die Welt als eine Art Grundform etablierten, folgert Harlang, dass auch die Architektur über einen gewissen Prototyp verfügt, dessen sich jedes Land auf seine Art annimmt. Kultur, Religion und Tradition bestimmen also den Transformationsgrad des durch Inspiration adaptierten architektonischen Prototyps. Vor allem in Dänemark sei deutlich zu erkennen, dass der Fokus nicht darin liege, Unterschiede zu anderen Kulturen zu finden, sondern Qualitäten der eigenen nationalen Identität zu betonen.
Natur als Vorbild
Das Land Dänemark mit seinen rund 1400 Inseln und einer insgesamt 3000 km langen Küstenlinie wird von Harlang im Vergleich zu den Nachbarn Norwegen und Schweden als Land mit keiner „richtigen“ Natur in Form von großen Wäldern oder Bergen beschrieben. Was Dänemark auszeichnet, sei seine enge Verbundenheit zur Natur: Hierzu zeigt der Professor für Architektur und Kultur eindrucksvolle Aufnahmen von Tieren, Menschen und Landschaft. Das spiegelt sich auch in den Architekturentwürfen wider – die stark von den weichen dänischen Landschaftsformen beeinflusst sind.
Skandinavischer Pavillion Biennale 2015, Bildquelle: www.nikon-fotografie.de
Exemplarisch werde diese Naturverbundenheit beispielsweise im Pavillon der Nordischen Länder auf der Biennale in Venedig gelebt: Die Wände schließen mehrere Bäume in den Innenraum mit ein, deren Schönheit werde somit hervorgehoben und die Natur ein unentbehrlicher Teil der Architektur. Das natürliche Licht im Pavillon wirkt sehr verschleiert, was typisch für Dänemark sei. Dieses trübe nordische Licht wirke, anders als in anderen europäischen Ländern, horizontal – und erfordere somit einen besonderen Umgang in der Architektur.
Zum Umgang mit der Natur ist Harlang der Meinung, man solle diese nicht kopieren, sondern deren organisatorische Muster aufgreifen und als organische Formen detailliert umsetzen. Hierzu zeigt er das von dem dänischen Architekten Jørn Utzon entworfene Opernhaus in Sydney, dessen unverwechselbares Dach aus weißen Keramikfliesen wie Schnee das Sonnenlicht reflektieren. Die Idee für diese Form erhielt der Architekt wohl beim Schälen einer Orange.
Arne Jacobsen prägte die 70er Jahre
Auch Farben und Formen der Einrichtung, von Wandfarben über Möbel bis hin zu Details wie dem Besteck, können einen harmonischen Bezug zur Umgebung schaffen. Hierzu nennt er als Künstler den dänischen Architekten, Fotografen und Designer Arne Jacobsen, einen der bedeutendsten Vertreter des modernen Funktionalismus, welcher nicht nur ein Gebäude entwirft, sondern es komplett durchgestaltet.
Tankstelle von Arne Jacobsen, Bildquelle: nordicdesignreview.com
Einfachheit, Klarheit, Verständnis
Die drei wichtigsten Komponenten für die Architekturlehre sind laut Harlang die Landschaft, das Gebäude und das Objekt in Form von Einrichtung und Details. Der Architekt als Künstler müsse diese stets im Zusammenhang zueinander behandeln. Einfachheit, Klarheit & Verständlichkeit stehen in der dänischen Architektur im Vordergrund. Versinnbildlichen lässt sich dies am Beispiel Lego, welches ebenfalls aus Dänemark kommt. Einfache Formate bzw. Proportionen und Farben werden wiederholt, gleichzeitig wird mit wenig unterschiedlichen Materialien gearbeitet.
Lego, ein typisch Dänisches Produkt.
Beeinflussung von außen
Die Architektur Dänemarks war vor allen in den 40er-, 50er- und 60er-Jahre vom sozialen demographischen Wandel geprägt. Der Architekt und Designer Kay Otto Fisker zählt zu den bedeutendsten Wohnungsbauarchitekten Dänemarks und war international, aber hauptsächlich im Großraum Kopenhagen tätig. Nach dem 2. Weltkrieg wandte sich die Dänische Architektenszene auf der einen Seite den USA, auf der anderen Seite Japan zu.
Zeitgenössische Dänische Architektur
Die dänische Architektur hat also eine lange, feine Geschichte. Rund um den Globus stösst man auf weltberühmte Gebäude von dänischen Architekten – von der Sydney Opera House bis zum besten Wohnkomplex des Jahres 2011, das „8-Haus“ in Kopenhagen von Bjarke Ingels. Als ein Beispiel für zeitgenössische Dänische Architektur führt Harlang das von den Architekten Lundgaard & Tarnberg gestaltete Studentenwohnheim in Kopenhagen auf. In der Tradition dänischer Studentenwohnheime spielt die Gemeinschaft eine zentrale Rolle. Dies drückt sich zeichenhaft im kreisförmigen Grundriss des Tietgen-Wohnheims aus. In den zentralen, grünen Innenhof, den das Gebäude umschließt, kragen die Gemeinschaftsräume der Wohngruppen in unterschiedlichen Varianten expressiv aus.
Tietjen Wohnheim, Kopenhagen. Bildquelle: dbz.de