architectural tuesday | Hajo Neis
Vergangenen Dienstag fand die zweite Veranstaltung des architectural tuesdays mit dem Thema `Die soziale Logik des Raumes` statt.
Zu Gast war Prof. Dr. Hajo Neis, Professor für Stadtarchitektur und Stadttheorie an der Universität von Oregon, USA.
Der gebürtige Deutsche sprach zum Titel `Battle for the Life and Beauty of the Earth` und stellte zunächst das theoretische Werk von Christopher Alexander vor, dessen langjähriger Mitarbeiter er ist. Zusammen haben sie bedeutende Werke wie `A new Theorie of Urban Design` und `Battle: A Crucial Clash Between World System A and World System B` herausgebracht.
Besonders das Werk `A pattern language`, entwickelt 1977 am Center for Environmental Structure , UC Berkeley, legte den Grundstein für eine neue Theorie und Herangehensweise der Architektur.
In dem Buch sind zu den drei Überthemen Städte, Gebäude und Konstruktion verschiedene Patterns, (dt.: Muster), entwickelt worden. Diese Patterns sind geordnet nach Wichtigkeit und erhalten Ordnungszahlen. Dabei dienen die Patterns als Grundlage für eine gemeinsame Sprache und führen nicht zwangsläufig zu einer äußeren Erscheinungsform.
Hajo Neis stellte die Methode vor, wie ein Gebäude oder ein ganzer Campus über die Pattern language bewertet werden kann. Dazu sind drei Schritte notwendig. Zuerst muss die Problemstellung erarbeitet werden, danach eine Diskussion und Analyse erfolgen und schließlich in Lösungsvorschläge münden. Für Neis ist der Unterschied zwischen dem `lebenswerten Raum` und `lebendigen Raum` von Bedeutung, wobei unter dem lebenswerten Raum, die praktischen Räume gemeint sind, die zur Organisation unseres Lebens dienen, und der lebendige, auch lebenserhöhende Raum, auf die menschlichen Gefühle Bezug nimmt.
Als opus magnum bezeichnet Hajo Neis das 2003 erschienene Buch `The Nature of Order. The Phenomenon of Life`, indem die Autoren eingestehen, dass die Jahrzehnte zuvor entwickelten Patterns alleine nicht ausreichen, um gute Architektur zu generieren, sondern vielmehr die Entwicklung, die `Morphogenese`, des Projekts mitentscheidend ist. In dem Werk werden sich Fragen gewidmet die eine übergeordnete Struktur der Prozesse erkennen lassen: Was ist eine gute Struktur, ein guter Prozess, was sind gute Prozesse die zu guten Strukturen führen und was gibt es außer Strukturen und Prozesse.
The Oregon Experiment
Für das Projekt zur Entstehung eines Campus in Oregon wurden bestehende Patterns benutzt aber auch eigens zugeschnittene entwickelt. Dabei wurden als oberste Struktur Rahmenbedingungen festgesetzt, die im Laufe des Prozesses immer weiter verfeinert wurden. Erst daraus ergaben sich die individuellen Patterns. Dabei kann man die Entwicklung als partizipativen Prozess ansehen, in dem Entscheidungen in den Händen der zukünftigen Nutzer liegt. Daraus entsteht ein Design-Verfahren, das zuerst in kleinen Modellen umgesetzt wird und dann auf das jeweilige Gebäude unter Einbeziehung von nötigen Parametern wie Brandschutz etc. angewendet wird.
The Eishin Highschool and College Campus in Tokyo
Unter Einbeziehung aller Lehrkräfte, Administratoren, Personal, Studierende und Schüler/innen, in den Design-Prozess wurde zuerst eine projektbasierte Sprache entwickelt. Beginnend mit einer Absteckung des Feldes nahm das Projekt Konturen an und nach und nach wurde der Entwurf und die Konstruktion integriert, die Bezüge zur traditionellen japanischen Architektur aufweisen.
Julian Inn Herberge für Obdachlose
Ein weiteres Projekt beinhaltet eine Herberge in San Francisco, an dessen Prozess die Obdachlosen selber partizipierten. Das besondere hieran ist, dass durch den integralen Prozess viele Elemente ausprobiert werden konnten. So erwies sich ein offener Grundriss für die Schlafräume mit verschiebbaren Wänden als am geeignetsten zur Erfüllung der Bedürfnisse. Auch die Details wurden passgenau erarbeitet: ein Fachwerkgiebel wurde zuvor in Pappe gebaut und angebracht, sodass man vor Ort Änderungen treffen konnte. Für die Fassade wurden hunderte Kacheln handbemalt.
Am Mittwoch wurde ein Workshop unter Leitung von Prof. Dr. Hajo Neis und Chris Schroeer-Heiermann angeboten.
Die Studierenden entwickelten an einem Nachmittag ein komplexes fiktives Projektthema zu einem großen weltpolitisches Problem. Armut, Terrorismus, Erderwärmung sind globale Themen die eine Aktion fordern.
Ein Student betrachtete das Problem der Klimaerwärmung und überlegte anhand solarenergieaufnehmenden Fassaden, den Verbrauch fossiler Energien zu senken.
Ein weiterer Student entwickelte die Idee eines Museums für Utopien und Dystopien, dass als Mahnmal der Zukunft fungieren kann.
Am nächsten Dienstag spricht der Londoner Architekt Mark Lemanski unter dem Titel `Good fences make good neighbours`.
Text: Lynn Kunze
Foto: Yvonne Klasen