ATuesday | Dr. Aleš Vodopivec
Edvard Ravnikar gehört zu den bedeutendsten Größen in der slowenischen Architekturgeschichte. Der Schüler von Joze Plecnik prägte mit seinen Bauten die Moderne des Landes. Der Bezug zur Tradition blieb dabei stets erkennbar und definiert so die nationale Architektursprache dieser Zeit.
Am 04. November 2014 sprach Ales Vodopivec über das Werk seines Lehrers Edvard Ravnikar und vervollständigte damit chronologisch den architekturgeschichtlichen ersten Teil der Vortragsreihe über Slowenien. Anhand der wichtigsten Bauten seines Werks erläuterte Ales Vodopivec die Aussage, dass Edvard Ravnikar einen mindestens ebenso großen Einfluss auf die nachfolgende Architektengeneration ausübte wie es Joze Plecnik tat.
Der 1907 in Novo Mesto geborene Edvard Ravnikar begann wie viele slowenische Architekten dieser Zeit sein Architekturstudium in Wien. Dort begegnete er Joze Plecnik, der ihn so nachhaltig beeinflusste, dass er an die Architekturfakultät in Ljubljana wechselte, an der er 1935 sein Studium beendete. Parallel dazu arbeitete er im Büro seines Lehrers und wirkte am Bau von Plecniks Nationalbibliothek in Ljubljana mit. Nach dieser Zeit folgten einige kleinere Aufträge und gewonnene Wettbewerbe bevor es ihn nach Paris verschlug. Während eines fünfmonatigen Aufenthalts im Atelier von Le Corbusier stellte Ravnikar sein herausragendes Zeichentalent unter Beweis. Corbusier brachte diesen Arbeiten mit dem Verzicht auf seine durch Initialen übliche Unterzeichnung eine besondere Wertschätzung entgegen.
1939 kehrt Ravnikar nach Ljubljana zurück. Stark geprägt durch die Einflüsse der Moderne, entstehen Werke wie das an Plecniks Architektursprache erinnernde Ossarium für Gefallene des Ersten Weltkrieges und der nicht realisierte Entwurf einer Sommerhaussiedlung in Karst, welcher vermehrt moderne Elemente aufzeigt. Die Synthese von international als modern definierten, architektonischen Grundsätzen mit dem Ort und der regionalen Tradition bildet die Basis seiner Arbeit.
Das 1960 fertig gestellte und von Vodopivec als Schlüsselwerk bezeichnete Rathaus in Kranj verdeutlichte Ravnikars Architekturverständnis. Anhand von Fotografien und Plänen machte Ales Vodopivec die Einflüsse und Grundsätze dieser Arbeit deutlich. Der regelmäßige geometrische Aufbau, die rational konzipierte Konstruktion und die klare Gestaltung des Innenraums spiegeln den modernen Zeitgeist wider. Gleichzeitig zeichnet sich die Nähe zu Plecnik und Semper im Umgang mit der Fassade als Bekleidung ab. Die axiale Symmetrie des Baus greift Elemente des antiken Tempels auf. All diese Einflüsse stehen im Einklang mit der regionalen Tradition des Bauens. Integriert in die Umgebung spiegeln Elemente, wie das Satteldach die Bauweise der Region wider. Dass die Architektur Ravnikars nicht an der Fassade endet, wird hier durch die durchdachte Gestaltung des Außenraums belegt. Drei zusätzliche Bauten rahmen den öffentlichen Platz vor dem Rathaus in Kranj. Dieses Tradition und Zeitgeist vereinende Projekt zählt heutzutage zu den wichtigsten Bauten in der slowenischen Moderne.
Während der 50er und 60er Jahre gewann Edvard Ravnikar einige, für die Stadtgestaltung Ljubljanas wichtige Wettbewerbe. Einen der bedeutendsten Aufträge stellte die Planung des Revolutionsplatzes (heute Platz der Republik) dar, der das neue Stadtzentrum bilden sollte. Zwei Türme bilden ein Tor zum Platz und sind gebaute Entsprechung zu den beiden Hügeln, die das Stadtzentrum flankieren und als Ljubljana-Tor bezeichnet werden. Den großzügigen Platz, ein bis heute wichtiger Ort in der Stadt, konnte Ravnikar später durch einen zweiten Wettbewerb beibehalten. Das vorgesehene Kultur- und Kongresszentrum legte er größtenteils unter die Erde, sodass es die Qualität des öffentlichen Platzes nicht schwächte.
1967 ergänzte Ravnikar die Gegend um das Wohnungs- und Geschäftsbauprojekt „Ferantov“. Dem Zeitgeist widersprechend, entwarf Ravnikar keine Blockstruktur, sondern folgte der historischen Stadtstruktur und ergänzte so die bestehende Bebauung. Dabei blieb die Idee des halb-öffentlichen Hinterhofes gegenüber dem öffentlichen Straßenraum erhalten. Aufgrund der sichtbaren Tragstruktur aus Stahlbeton und den ausfachenden Wänden aus Ziegel ist die Gebäudestruktur mit ihrer Geschossigkeit erkennbar und folgt einem klaren Schema. Besondere, dem Material entsprechende Eckdetails spielen mit der klaren, rationalen Form des Baus. Einen Bruch in der Struktur bildet das römische Forum, welches einst an dieser Stelle stand und sich als halbrundes Volumen aus der Gebäudestruktur stülpt.
Dass Edvard Ravnikar ein moderner Mensch war, dessen Blick sich nicht wie der seines Lehrers Joze Plecnik ohne Einschränkung auf die Architektur richtete, betonte Ales Vodopivec gegen Ende seines Vortrags. Edvard Ravnikar, der Professor, Künstler, Intellektueller, Initiator des ersten slowenischen Architekturmagazins, Grafik-und Industrie-Designer beeinflusste die Studentengeneration seiner Zeit stark. Unter dem Einfluss einer Architektur stehend, die die nationale Form des Bauens in die Moderne überträgt, beschrieb Vodopivec die Jahre der 60er und 70er als die Zeit, in der slowenische Architektur ihren Ausdruck fand.
In die Entwicklung der jüngsten Architektengeneration Sloweniens erhalten wir im zweiten Teil der Vortragsreihe Einblick. Am 18. November geht es weiter im Programm. Dann wird Boris Podrecca zu Gast bei uns sein.