architectural tuesday | Rolo Fütterer | Nachbericht
Ein Nachbericht von Barbara Crämer
Als ersten Gast der „architectural tuesday“–Reihe „URBANE KONVERSION – TRANSFORMATION VON BRACHFLÄCHEN IM EUROPÄISCHEN VERGLEICH“ begrüßten wir am 14.11.2023 Professor Rolo Fütterer von der M.A.R.S. Group. Fütterer stellte sein Konzept zum städtebaulichen Masterplan für ESCH-sur-Alzette in Luxemburg und den bisherigen Verlauf des Projekts vor.
Rolo Fütterer ist ein erfahrener Architekt und Städteplaner mit Sitz in Esch, Luxemburg sowie Professor im Fachbereich Bauen und Gestalten an der Hochschule Kaiserlautern. Er absolvierte sein Architekturstudium am KIT in Karlsruhe und verbrachte ein Praxisjahr in den Niederlanden sowie ein Auslandsstudium an der TU Delft. 1995 trat er der Architektenkammer Baden-Württemberg bei, seit 2023 ist er Mitglied im Gestaltungsbeirat der Stadt Mannheim. 1997 gründete er schließlich in Karlsruhe das Architekturbüro Metropolitan Architecture Research Studio (M.A.R.S.). Im Jahr 2010 eröffnete er ein gleichnamiges Büro in Luxemburg. Bis heute betreut er von hier aus das Projekt „Belval“.
Seinen Vortrag mit dem Titel „Fragment und Kontext“ begann Fütterer mit einem Zitat von Luigi Snozzi: „Eine Wiese reicht bis zum Mittelpunkt der Erde. Zerstöre mit Vernunft“, auf das er sich im Verlauf des Vortrags immer wieder berief. Er wies darauf hin, dass sich diese Aussage immer wieder auf sämtliche Projekte adaptieren lässt und eine wichtige Devise für Planer sein sollte.
Anschließend stellte Professor Fütterer die angewandten städtebaulichen Prinzipien und Konzeptideen für das Projekt Esch Belval vor. Dabei hob er einerseits wieder den bewussten Umgang mit bestehenden Städtebaulichen Strukturen hervor, andererseits auch die Innovativen Ideen, die in seinem Projekt integriert wurden.
Eines der von ihm besonders hervorgehobenen Beispiele war der sogenannte „Tower on the Tunnel“ (siehe Abbildung unten). Dieser „Tower“ ist ein Hochhaus, welches sich mitten auf der Hauptverkehrsachse des entwickelten Quartiers befindet. Durch eine als Tunnel ausgebildete Durchfahrt wird der eigentliche Verkehr nicht eingeschränkt oder umgelenkt. Dennoch wird der Stadtraum durch dieses Gebäude harmonisch begrenzt und für die Nutzer*innen und Besucher*innen klarer zoniert. Auch wird durch dieses Gebäude der Stellenwert des Auto-Verkehrs in der Gesamtwahrnehmung begrenzt und der Fokus auf die Nutzer*innen erhöht.
Als weiteres Element der Planung von Professor Fütterer hervorgehoben wurde das sogenannte „Urban Back Pack“. Damit gemeint ist die Integration der bereits bestehenden städtebaulichen Elemente in die städtebauliche Neuplanung und das sichtbare Abheben der neuen städtebaulichen Elemente. Fütterer betonte dabei seine Ansicht, dass sich die neu hinzugefügten städtebaulichen Elemente gut sichtbar vom Bestand abheben und sich dabei trotzdem harmonisch integrieren sollten.
Das laut Fütterer wichtige gestalterische Prinzip der städtebaulichen Gesamtplanung stellte er durch das Projekt „Public Green“ vor. Im Planungsgebiet wurde dabei eine neue Form des Eigentums und Gemeinschaftseigentums etabliert, um ein hohes Maß an öffentlichen Grünflächen zu schaffen. Zwar sind die Erdgeschoss-Wohneinheiten durch Hecken eingefriedet und verfügen über eine Terrasse und Rasenfläche, trotzdem bleibt einiges an Grünflächen für die Allgemeinheit frei. Dies war den Planer*innen sehr wichtig, da sie ein höchstmögliches Maß an Biodiversität und natürlicher Klimaregulation schaffen wollten.
Das Projekt Esch-Belval läuft seit dem Jahr 2000, dennoch sind immer noch einige Bereiche des zu bebauenden Areals bisher nicht fertig gestellt. Herr Professor Fütterer gab einen umfassenden Einblick in die Planung des gesamten Gebiets, sowohl in den aktuell bereits bestehenden Teil, als auch in den noch nicht umgesetzten Teil des Projekts.
Angefangen bei dem Zustand vor Planungsbeginn, welche sich durch eine von Verkehrsplaner*innen geschaffene Erschließungs- und Masterplanung auszeichnete, erklärte er den Anlass des Projekts: Der Süden Luxemburgs war bis dato schlecht ausgebaut, Ziel war eine Restrukturierung. Dabei sollte insbesondere dringend benötigter Wohnraum geschaffen werden.
Bis zum heutigen Tag befinden sich in Esch-Belval zwei Hochöfen, die als Denkmal erhalten werden sollen, eine rege genutzte Konzerthalle für ca. 5000 Personen sowie zwei Fakultäten für 7.000 Studierende. Im Zentrum des Gebiets befindet sich ein großzügiger Park. Die Gebäude, die ihn umgeben, sind von unterschiedlichen Typologien. Die in jedem Bauabschnitt integrierten Grün- und Freiflächen stellen einen großen Erfolg des Projekts dar und werden von Bewohner*innen und Besucher*innen gut angenommen und vielschichtig genutzt.
Im Anschluss an seinen Vortrag konnten Studierende und Gäste in einer angeregten Diskussionsrunde Fragen stellen. Wir danken Rolo Fütterer für diesen interessant gestalteten und informativen Abend.