architectural tuesday | Prof. Bill Hillier

Am 2. Juni war der Stadt- und Raumtheoretiker Bill Hillier aus London zu Gast beim architectural tuesday. Die Vortragsreihe der Architekturfakultät steht in diesem Semester unter dem Motto ‚Die soziale Logik des Raumes‘.

Zugleich diente Bill Hilliers Titel des Buches `The Social Logic of Space` als Namensgeber dieser Reihe und beeinflusste das architektonische Denken des Raumes über Jahre.

Chris Schroeer-Heiermann begrüßte den Gast und gab eine Einführung in das Schaffen Hilliers. Hiller zählt zu den wichtigsten englischen Raumtheoretiker, ist Professor für Architectural and Urban Morphology an der University of London und Direktor der interdisziplinären Beratungsgesellschaft Space Syntax Laboratory des University College London.

39_1Prof. Bill Hillier, University of London beim architectural tuesday

Prof. Bill Hilliers Vortrag unter dem Titel ‚The spatial architecture of the city‘ startete mit der Erklärung des Begriffs der ‚Space Syntax‘, eine Methode zur Analyse von Architektur- und Stadtraum aufgrund des räumlichen Verhaltens von Menschen.

Hillier, der einen höheren Doktortitel der Universität von London trägt, vergleicht Architektur mit der Sprache, in der die Gebäude die einzelnen Wörter ergeben und diese eine gemeinsame Stadt (Sprache) bilden. So kommt auch der Begriff Syntax (zu deutsch: Satzbau) aus der Linguistik.

Dabei ist diese Syntax mehr als nur ein Werkzeug, um Raum in Kategorien zu analysieren – sie ist vielmehr ein theoretisches Modell des menschlichen Raumes. Man kann die soziale Logik des Raumes auf unterschiedliche Weise finden: Einerseits durch Analyse der bestehenden Stadtstruktur und andererseits wie Akteure die Stadträume nutzen.

05_1 KopieProf. i.V. Chris Schroeer-Heiermann

Die generelle Idee ist, dass Räume in Komponente unterteilt werden können, welche die Beziehung der Räume untereinander offenlegen und die man mithilfe von Karten und Graphiken veranschaulichen kann, um Aussagen über zukünftige Entwicklungen des Stadtraums zu ermöglichen.

Die Darstellung von Straßen, Wegen, Plätzen etc. als mathematischer Graph ist dafür Vorraussetzung und anhand dessen lassen sich komplexe Relationen erkennen. Dabei werden grundsätzlich zwei menschliche Verhaltensweisen unterschieden: Die Bewegung und die Interaktion. Der Vorgang der Bewegung ermöglicht eine direkte Verbindung zwischen zwei Punkten und ist somit linear. Im Gegensatz zu den Aufenthalts- und Interaktionsräumen, die konvex zu verstehen sind. Da der Anteil der Wege in der Stadt am größten ist, entstehen sogenannte axial maps, welche die Wegeführung aufzeigen. Dabei stechen besonders die gangbaren Sichtachsen heraus. Hillier zeigte dazu axial maps von London und Tokyo. Der Begriff des Isovists bildet das dritte Element, neben dem axialen und konvexen Raum. Der Isovist bildet den Sichtbereich von einem beliebigen Punkt aus ab.

35_1Ebenfalls zu Gast: Hiroaki Kimura und Akira Kakuda vom Department of Architectural Design, Kyoto

Die axial maps gibt es in verschiedenen Maßstäben von lokal (Radius 3) – was dem Bewegungsbereich von Fußgängern entspricht – zu global, basierend auf dem Radius n von Fahrzeugen. Etliche Städte wurden im Laufe der Jahrzehnte dieser Methode unterzogen und erzeugten spannende grafische Karten, die als Basis städtebaulicher Veränderungen gedacht waren. Dabei dienten die syntax zur Verbesserung der Stadtentwicklung, um städtische Areale zu entwerfen, öffentliche Plätze wieder zu beleben und neue städtische Verknüpfungen zu kreieren. Somit ist bis heute die Methode der space syntax bis heute von Bedeutung.

Im Anschluss wurde im Foyer bei einem Glas Wein weiterdiskutiert.

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Zum fünften Vortrag der Reihe ‚Die soziale Logik des Raumes‘ begrüßen wir Prof. Dr. Martina Löw von der TU Berlin am 9. Juni.

Martina Löw gilt als bedeutendste junge Stadttheoretikerin Deutschlands, hat in Marburg und Frankfurt am Main Erziehungswissenschaft, Soziologie und Psychologie studiert, war Assistentin an der Universität in Halle, hat an der TU Berlin und am Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main gelehrt. Bereits mit 37 Jahren konnte sie sich zwischen zwei Lehrstühlen entscheiden. Sie ging an den Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften der TU Darmstadt als Professorin für Soziologie. Ihre Spezialgebiete: „Raumbezogene Gesellschaftsanalyse und Stadt- und Regionalsoziologie“. Heute leitet sie an der TU Berlin das Fachgebiet Planungs- und Architektursoziologie am Institut für Soziologie. In ihrer Arbeit widmet sie sich schwerpunktmäßig der Architektur-, Stadt- und Raumsoziologie, sowie der Soziologischen Theorie.

 

Text: Lynn Kunze

Fotos: Yvonne Klasen