architectural tuesday| Nils Buschmann | Nachbericht

„Ziel ist es nicht nur, attraktiven und bezahlbaren Wohnraum hervorzubringen, sondern auch dazu beizutragen, die besonderen Qualitäten von Quartieren in Wert zu setzen, Freiräume aufzuwerten und Monostrukturen zu lebendigen, urbanen Räumen weiterzuentwickeln.“

Nils Buschmann, RobertNeun.

Am 13. Juni 2017 begrüßten wir in unserer Fakultät im Rahmen des architectural tuesday „Das neue Wohnen“ den Architekten Nils Buschmann, einen der beiden Gründer des Büros RobertNeun aus Berlin.

Nils Buschmann stellt das Wohnungsbauprojekt „Am Lokdepot“ in Berlin Schöneberg/Kreuzberg zum Thema „Urban Living – neue Formen des städtischen Wohnens“ vor.

Das Projekt basiert auf einem städtebaulichen Konzept in einer interessanten Situation zwischen einem brachliegenden Gleisareal und einer klassischen Blockrandbebauung. Dabei wurde für den Investor untersucht, wie eine maximale Verdichtung laut vorhandenem Bebauungsplan aussehen könnte. Die Herausforderung bestand darüber hinaus in der Integration und Nutzungsfindung für die denkmalgeschütze Lokdepothalle. Der Umgang mit älteren Bauten erfordert eine zeitgenössische Weiterentwicklung, sowie das Verknüpfen der neuen Architektur mit dem Ort.

Am Lokdepot – Städtebauliche Lage

Nils Buschmann betont die Wichtigkeit, das Neubauquartier vom ersten Tag an als Teil der Stadt zu sehen. Als zeitgenössische Lösung und als Antwort auf die allgemeine Wohnungsnachfrage wurde das Fabrikwohnen gewählt. So bietet die Halle aufgrund flexibler, robuster und aneignungsfähiger Grundrissmöglichkeiten viele Vorteile.

Letztendlich führten die Pläne von RobertNeun, welche statt 10.000 m² Wohnen nur 35.000 m² Wohnen und Gewerbe vorsahen, zu einer Änderung des Bebauungsplans. Der Entwurf sieht zur Blockrandbebauung hin eine Vervollständigung des gründerzeitlichen Baublocks vor, welcher gleichzeitig als Stadtkante fungiert und den privaten vom öffentlichem Raum abgrenzt. Aufgrund der Typografie des Ortes, welche zur Blockrandbebauung an Höhe zunimmt, wird das Erdgeschoss der Halle als eine Art „städtebaulicher Sockel“ für Gewerbe genutzt. Das Wohnen findet darüber Platz.

Architektur der Stadt – öffentliche gewerbliche Sockelzone

Der Entwurf (Visual dieses Architectural Tuesdays) steht für ein gemeinschaftliches Stadtleben, welches gleichzeitig die Freiheit des Einzelnen zulässt: Die Parzellen der neu geplanten Blockbebauung ist in 15 Grundstücken festgelegt, die strukturelle Setzung ermöglicht Flexibilität und verschiedene Typologien bzw. Entwürfe. Dazu gibt es drei verschiedene Typen: Typ S (7 m Breite), M (14 m Breite), und L (21m Breite). Durch diese Vorgaben entstand eine Vielfalt unterschiedlicher Grundrisse.

Stadt, Block, Haus, Wohnung – typologische Vielfalt

Die Wohnhäuser verfügen über kollektive Gärten zur Hinterseite, die so genannten „Hofgärten“. Jede Wohnung, gegliedert in Ebenen nach Öffentlichkeit oder Privatheit, ist individuell. So entstanden Schwellen, welche die verschiedenen Räume zwar trennen, die Offenheit des Grundrisses aber erhalten lassen. Die anderthalbgeschossigen Räume wirken als „Störungen“ in der Fassade, was deren Unverwechselbarkeit ausmacht. Die Homogenität der Fassade wird über die Materialisierung erreicht.

Öffentlicher Raum – Zonierungen
Am Lokdepot – Perspektiven
Am Lokdepot – Visualisierung

Text: Birte-Sophie Bülzebruck
Fotos: ROBERTNEUN™