architectural tuesday | Hermann Holzknecht | Nachbericht
Der architectural tuesday der Fakultät für Architektur der TH Köln widmet sich im Sommersemester 2019 dem Thema UMBAU. An vier Dienstagabenden kommen vier Architekten zu Wort, die sich auf besondere Art und Weise mit dem Bauen im Bestand auseinandersetzen. Den Auftakt der Vortragsreihe am 28.05.2019 machte der österreichische Architekt Hermann Holzknecht. Er gilt als „Geheimtipp“ in der österreichischen Architekturszene.
Der Abend wurde durch eine Begrüßungsrede von Prof. Andreas Denk unserer Fakultät eingeleitet. Das Thema „UMBAU“ des architectural tuesdays wurde dabei von ihm näher erläutert. Denk betonte, dass sich der „Umbau“ von Gebäuden als wichtige Disziplin des architektonischen Entwurfs inzwischen fast gleichberechtigt neben der ehemaligen „Königsdisziplin“ der Architektur, den Neubauentwurf, gesetzt werden kann.
Hermann Holzknecht machte zunächst eine Bäckerlehre, bevor er sich für den Beruf des Architekten entschied. Seit 1993 arbeitet er als freier Architekt im Ötztal. Das Ötztal ist mittlerweile zu einer „Tourismushölle“ geworden, die durch diverse massive Neubauten geprägt ist. Der Architekt hat es sich zur Aufgabe gemacht historische Bauten, wie Bauernhäuser und Almhütten behutsam umzubauen. Er wird gerne als „sympathischer Querdenker“ beschrieben, der sich durch Bescheidenheit auszeichnet. Er besitzt kein Handy, seine Zeichnungen fertig er mit Hand.
Anhand von vier Umbauprojekten, die er in die Kategorien „Sanierung – Adaptierung – Zubauten – Entwicklungsprozess“ eingeteilt hat, erläuterte Hermann Holzknecht den vielfältigen Begriff „Umbau“.
Sanierung
Hermann Holzknecht hat dieses Bauernhaus behutsam saniert. Von außen lassen sich nur wenige Unterschiede erkennen. Lediglich die Fenster und Türen wurden ausgetauscht, die Fensterläden, die nur zur Dekoration angebracht wurden, lies er entfernen. Ihm ist es wichtig, den Charakter und die Seele der alten Häuser trotz Umbaumaßnahmen zu bewahren. Notwendige Modernisierungsmaßnahmen ermöglichen eine zeitgemäße Nutzung des historischen Bestandsgebäudes.
Adaptierung
Bei dem zweiten Projekt handelte es sich ebenfalls um ein altes Bauernhaus. Dank der Umbaumaßnahmen können dort nun drei Generationen unter einem Dach wohnen. Der zugehörige Stall wurde zu einer Wohnung ausgebaut, die Innenräume behutsam umgebaut. Einzelne Ergänzungen, wie beispielsweise die Überdachung des Eingangsbereich, deuten auf die Adaptierung des ehemaligen Bauernhauses hin.
Zubauten
Manche Objekte vertragen durchaus auch eine bauliche Ergänzung, so Holzknecht. Das Rasthaus am Timmelsjoch ergänzte er durch zwei Neubauten, die sich durch die konische Formen vom Bestandsgebäude abheben. Der Innenraum des historischen Rasthauses wurde kaum verändert, die alte Grundrissstruktur wurde beibehalten. In den Neubauten sind ergänzende Funktionen untergebracht.
Entwicklungsprozess
Am Ende präsentierte Hermann Holzknecht ein behutsames Umbauprojekt einer kleinen Almsiedlung. Hier war es von großer Bedeutung, das Ensemble ganzheitlich zu betrachten. Durch mehrere Eingriffe wurde die Almsiedlung wieder zum Leben erweckt und den heutigen Bedürfnissen angepasst. Nachhaltigkeit und Reversibilität waren ihm dabei besonders wichtig.
Durch bauliche Ergänzungen, wie bespielsweise eine Melkstation mit Unterstand, ein Bau für die Käseproduktion und ein Restaurant, kann die Alm wieder sinnvoll und effizient genutzt werden.
Da es nicht möglich gewesen wäre, ein Restaurant in einem der historischen Bauten unterzubringen ohne die bestehende Struktur zu zerstören, errichtete er einen Neubau, der sich in Form und Struktur vom Bestand abhebt. Die Konstruktion und das Material nimmt dennoch Bezug zum Bestand. Dadurch gelingt es, das Traditionelle mit dem Modernen zu vereinen, so Holzknecht.
Nicht nur im Anschluss, sondern auch während des Vortrags wurden Fragen durch das Publikum gestellt und angeregt diskutiert. So erläuterte Hermann Holzknecht, dass er zum größten Teil für private Bauherren plant und ihm der persönliche Kontakt sehr wichtig ist. An oberster Stelle steht für ihn, dass er auf die Bedürfnisse der Bauherren eingeht. Daher hat er oft mit Menschen zu tun, die grundsätzlich gleiche Ansichten in Bezug auf Umbau und Umnutzung haben. Ein Umbau kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen, aber ein Umbau sollte immer eine Verbesserung darstellen, so Holzknecht.
Wir danken Hermann Holzknecht für den inspirierenden Vortrag im Rahmen des architectural tuesdays.
Bilder des Abends: TH Köln Fakultät für Architektur | Fabio Burghardt
Text: Janina Hofius