architectural tuesday | Dr. Theresia Leuenberger | Nachbericht

Als dritten Gast der digitalen Vortragreihe „architectural tuesday“ unter dem Motto „Atmosphären des Raumes“ durften wir Frau Dr. Theresia Leuenberger bei uns begrüßen. In ihrem Vortrag mit dem Titel „Mensch und Raum – Zur sozialen Dimension von Atmosphären“, sprach sie anhand verschiedener Beispiele über Erfahrungen mit Atmosphären des Raumes und wie diese Ihre architektonischen Entwürfe beeinflussen.

Vortrag ‚Mensch + Raum‘
Frau Dr. Theresia Leuenberger

 im Rahmen des architectural tuesday

nochmal anschauen: www.youtube.com

Erfahrungen formen Architektur

Zunächst wird auf die unterschiedlichen Perspektiven eingegangen, aus der Architektur wahrgenommen wird. Architektur besteht nicht allein aus baulichen Elementen. Ohne körperliche Objekte ist Architektur zwar nicht denkbar, jedoch sind sowohl Materialität des Gebäudes als auch diejenigen, die die Architektur erfahren – also Wie und Woher die Architektur beobachtet wird – ein wichtiger Bestandteil. Aus verschiedenen Perspektiven werden also unterschiedliche Räume wahrgenommen. Dieser Unterschied lässt sich vereinfacht zusammenfassen:

Perspektive > Erfahrung > Raum

Räumliche Atmosphäre – Gefühl und Begriff

Daran anschließend wurde das Argument geäußert, dass die Erfahrung einer Architektur immer von der direkten Wahrnehmung in ein eigenes Verständnis transferiert wird. Architektur wird also subjektiv wahrgenommen und dann durch Verknüpfungen zu vorherigen Kenntnissen hin zu allgemeinen Begriffen umgewandelt. Diese beiden Phasen fasste Dr. Leuenberger wie folgt zusammen:

Der Übergang von einem subjektiven zu einem objektiven Sachverhalt entsteht dadurch, dass fremde Erfahrungen niemals eigens in gleicher Form nachgebildet werden können. Daher bleibt dieser Prozess immer unabgeschlossen. Jedes Phänomen in der Auseinandersetzung mit anderen Personen muss bestimmt werden und niemand kann sich sicher sein, alle Variationsmöglichkeiten zu berücksichtig zu haben.

Das folgende Diagramm fasst den Prozess der Umwandlung zusammen:

Es zeigt den Prozess, wie das eigene Verständnis aus der Wahrnehmung heraus aufgebaut wird. Jeder Schritt kann durch unterschiedliche Perspektiven variieren, sodass ganz unterschiedliche Eindrücke, Verständnisse und Erfahrungen eines selben Gebäudes entstehen.

Unterschiedliche Perspektiven können von professionellen Kenntnissen, dem Standort oder sogar dem Geschlecht der Beobachter/in abhängen. Die Facetten dieser unterschiedlichen Perspektiven können dabei eine große Offenheit und gegenteilig auch ein Gefühl der Unsicherheit darbieten. In dem folgenden Diagramm werden diese verschiedenen Situationen dargestellt:

Wirkungsstarke Architektur

Zuletzt wurde ein realisiertes Projekt als Beispiel vorgestellt, um die zuvor genannten Argumente zu untermauern. Hierbei handelt es sich um das Zimmer eines Patienten mit geistiger Behinderung. Durch das Verständnis für die außergewöhnliche Situation und die dadurch resultierende architektonische Erfahrung des Patienten hat der Architekt eine günstige Lösung gefunden. Durch eine einfache Wandbemalung konnte ihm das Gefühl der Natur unter geringen Aufwand nahegebracht werden.

Bei der Entwurfspraxis ist die Beobachtung hilfreich, damit die Entwerfenden die Perspektive und das genaue Bedürfnis der Nutzer kennenlernen können. Dadurch kann eine Reflektion aus architektur-soziologischen Perspektive durchgeführt werden, um die Entwurfsstrategie dementsprechend anzupassen.

Text: Saijun Xie, Frederick Cornelius

Bilder: Vortrag Dr. Leuenberger + Youtube-Link