architectural tuesday | Dr. Alex Buether | Nachbericht
Im Rahmen der Vortragsreihe „Atmosphären des Raumes“ referiert Prof. Dr. Axel Buether zu den Themen Farbe, Licht und Raum. Der Vortrag fand online im Rahmen des Architectural Tuesdays statt.
Vortrag ‚Farbe, Licht und Raum‘
Dr. Alex Buether, Bergische Universität Wuppertal
08. Dezember 2020 im Rahmen des architectural tuesday
In seinem Vortrag führt Dr. Axel Buether uns, durch die Historie und die verschiedenen Bedeutungen von „Farbe, Licht und Raum“. Er zeigt auf, wie wir in der Entwicklung der Menschheit und auch in der Gegenwart durch das Zusammenspiel der drei Komponenten geprägt und beeinflusst sind – ob bewusst oder unbewusst.
Für Buether sind die drei Komponenten als eine Einheit zu sehen, die schon in Zeiten der Höhlenmalerei von großer Bedeutung waren. Dieser Ansatz zieht sich durch den gesamten Verlauf der Kulturgeschichte. An Beispielen aus der Antike, zeigt Buether auf, wo Räume nicht nur durch Farben geprägt waren, sondern Farben auch ihre Bedeutungen hatten, insbesondere im Tempelbau.
In verschiedenen Kapiteln wie „Farbe und Religion“ und „Farbe und Macht“, beleuchtet Buether unterschiedlichste Kulturen, Religionen und Umgebungen.
Laut Buether hat jeder Mensch seine „Farbheimat“. Farben, mit denen man aufwächst, mit denen man Heimat und Geborgenheit verbindet und auf die man gerne zurückkommt. Auch das Zusammenspiel von bestimmten Materialien und deren Farben, ist hier gemeint.
Weiß als Symbol der Moderne
Weiß als Symbol der ModerneBei einer farbenvollen Historie, besonders im Hinblick auf die Architektur, stellt sich die Frage „Wie wurde Weiß zum Sinnbild der Moderne?“
Die Anfänge sind zunächst in der Industrialisierung zu finden, die eine Modernisierung und auch Aufklärung mit sich brachte. Der Versuch des Ausbruches von mittlerweile vergangenen oder überholten Gedanken, führte dazu, sich Stück für Stück von Bisherigen zu distanzieren. Weiß als Ausdruck für futuristisches Denken oder dem Paradiesgedanke, ist tief verwurzelt.
„Absolute Reinheit, absolute Perfektion, die Göttlichkeit selbst, ist immer farblos und somit weiß.“
Zitat Dr. Axel Buether
Als persönlichen Rückblick, berichtet Buether, wie ihn als Student Bauten aus der Gründerzeit, – geprägt von Handwerkskunst, Traditionsbewusstsein und Farbigkeit, – beeinflussten. Schon damals wurde ihm bewusst, wie stark sich Farben und Formen zu Bauen in der heutigen Zeit verändert haben.
Die Farbe Weiß zeigt die Idee des Guten, des Wahrhaftigen und des Richtigen, was den Anspruch der Unfehlbarkeit lenkt. Traditionsbauten, Traditionskleider und Gewänder, alles Farbige hingegen wird zum Ornament und gilt dadurch als Verbrechen. Dies muss weichen, um die Moderne einziehen zu lassen.
Zu Beginn der Moderne, mussten die Artefakte also aus der bunten Umwelt hervorstechen. Somit wurde begonnen, symbolhafte Bauten, durch weiß und äußerer Schlichtheit zu betonen.
„Wir haben das Ornament überwunden, wir haben uns zur Ornamentlosigkeit durchgerungen. Seht, die Zeit ist nahe, die Erfüllung wartet unser. Bald werden die Straßen der Städte wie weiße Mauern glänzen. Wie Zion, die heilige Stadt, die Hauptstadt des Himmels. Dann ist die Erfüllung da…“Perfektion, die Göttlichkeit selbst, ist immer farblos und somit weiß.“
Zitat von Adolf Loos „Ornament und Verbrechen“
„Was nicht weiß und schmucklos gestaltet wird, ist ungesund, rückschrittlich und degeneriert.“
siehe Adolf Loos „Ornament und Verbrechen“ 1908
Doch die Missverständnisse der klassischen Moderne benennt Buether ebenfalls. Auch wenn der äußere Schein, weiß und schlicht wirkt, so zeigt sich das Innere der Bauten ganz anders. Als Beispiel für Farbkonzepte und bewusste Entscheidungen für Farben, verwendet Buether hier das „Maison la Roche“ von Le Corbusier.
Am Beispiel eines sozialen Wohnungsbaus von Bruno Taut, zeigt Buether, wie Farbe einem Gebäude Identität und Charakter verleiht. Farbe ist demnach eine Sprache. Sie kann an einem Ort toll wirken und an einem anderen wiederum nicht.
„Gestaltung muss für jeden Ort und für jeden Menschen individuell entstehen.“
Zitat Dr. Axel Buether
Warum gibt es Farben?
Die Evolution hat Farbe, Stück für Stück hervorgebracht. Sie ist mittlerweile das größte Kommunikationssystem der Welt. Jede Farbe der Natur hat eine biologische und kulturelle Funktion. Wir können Farben dazu verwenden, unser Erleben zu verbessern und unser Verhalten zu steuern.
Als Beispiele zeigt Buether Bauten historischer Rathäuser verschiedenster Städte. Alle stechen durch ihre Materialität, sowie dessen Farbgebung und Form heraus. Auch die Zugänglichkeit der Bauten ist klar definiert. Vergleicht man nun diese Bauten mit Rathäusern der neueren Zeit, fällt sofort auf: Orientierungslosigkeit.
Die Funktion des Gebäudes ist intuitiv nicht mehr abzulesen, ebenso sind die Zugänge nicht mehr klar gekennzeichnet. Diese Orientierungslosigkeit geht in der Regel im Inneren dieser Gebäude weiter. Als Ausgleich schafft man nun Farbleitsysteme. Was der Raum nicht mehr schafft, muss nun anders untergebracht werden.
Wirkungen von Farben in der Architektur
Durch begrenztes Budget reichte es lediglich für Streicharbeiten und Anpassung der Beleuchtung, die allerdings essentiell ist, denn Farbe kann nur wirken, wenn das Licht stimmt. Entstanden ist ein Farbkonzept, welches nicht nur zur Orientierung dient. Alle Zimmer sind individuell an die jeweiligen Anforderungen an den Raum, gestaltet: Beruhigende und anregende Zimmer für Patienten, eine konzentrationsfördernde Umgebung in den Arztzimmern und eine regenerierende Atmosphäre in den Aufenthaltsräumen des Personals.
Unter dem Begriff „Healing Architecture“ berichtet Dr. Axel Buether von einem seiner Projekte, welches sich mit der Umgestaltung von Intensivstationen befasst. In diesem Fall vermittelt die Umgebung, fast immer den Eindruck von „Angst, Anonymität und Achtlosigkeit“ – dabei soll der Raum, der Genesung von Menschen helfen. Nach einer Bestandsanalyse und einigen Befragungen mit Patienten, Personal und Führungspersonen, wurde die Neugestaltung in Angriff genommen.
Spätere Befragungen zeigten, dass die gesamte Atmosphäre ruhiger, entspannter, wärmer und vor allem befreiender empfunden wird. Nicht nur, dass sich das gesamte Arbeitsklima für das Personal verbessert hat, die Krankheitsausfälle der Mitarbeiter haben sich verringert und ebenso die Dosierung bei verschiedenen Medikamenten für die Patienten.
Dr. Axel Buether gibt uns abschließend zu verstehen, dass die nächsten Generationen, die Einheit von Farbe, Licht und Raum wieder aufgreifen sollten und schon bei der Planung aller Räume beachten sollten, was für Atmosphären möchte ich herstellen und was tut den Menschen, die dort arbeiten oder leben gut?
Text: Kim Kelly Kellershohn
Foto-Quellen: Vortrag Dr. Axel Buether 08.12.20