architectural tuesday Belgien: Paul Robbrecht | Nachbericht
Am vergangenen Dienstag begrüßte die Fakultät den belgischen Architekten Paul Robbrecht vom Architekturbüro Robbrecht en Daem zu Gast an unserer Fakultät.
Paul Robbrecht hat eine lang zurückgehende Verbindung mit der Stadt Köln, seinen Künstlern und Museen. Begrüßt und vorgestellt wurde der Architekt von Prof. Andreas Denk.
Paul Robbrecht & Hilde Daem:
“We are interested in the ‚architectural culture‘. This means how architecture is able to communicate and act in a wider field of culture and society.”
Sein Büro führt Paul Robbrecht gemeinsam mit seiner Frau Hilde Daem; auch sein Sohn arbeitet dort. Seit circa zehn Jahren befindet sich dieses in der mittelalterlichen Stadt Gent. Die alte Industriehalle wurde als „open pace“ freigehalten und teilweise begrünt. Das Büro selbst befindet sich in einem seitlichen, zweigeschossigen Anbau und ist nach Norden ausgerichtet. In der überdachten Halle finden zeitweise Ausstellungen des Büros statt.
Paul Robbrechts Architektur wird stark durch die Kunst beeinflusst, so arbeitet er auch oft mit Künstlern wie beispielsweise Thomas Schütte zusammen.
Bei der Documenta IX im Jahre 1992 in Kassel wurden erstmals temporäre Bauten als zusätzliche Ausstellungsräumlichkeiten am Rande der Aue zur documenta errichtet; diese wurden von Paul Robbrecht entworfen.
Die Idee „Sculptures in a park“ basiert auf dem Konzept, die Malerei in die Landschaft zu bringen.
Die entworfenen Container mussten flexibel anpassbar an das Budget, das im Vorhinein noch nicht feststand, entworfen werden. Sie sollten an Züge erinnern, welche still in der Landschaft stehen; dennoch sind sie keine „final destination“, wie beispielsweise ein Museum, in welchem ein Gemälde zeitlos an derselben Wand hängt.
Im Sommer 2013 wurde in Krefeld ein nicht realisierter Entwurf des Aachener Architekten Mies van der Rohe als begehbares 1:1 Modell gebaut – mit Paul Robbrecht als ausführendem Architekten. Das Golfclubhaus, welches Mies im Jahre 1930 im Rahmen eines Wettbewerbs entwarf, war als offene, kreuzförmige Raumabfolge auf einem Hügel am Rande der Stadt konzipiert.
Es weist die für den Architekten typische Verzahnung des Hauses mit der Natur auf: „Es ist ein Gebäude, das mit der Landschaft regelrecht in Dialog tritt“, so Robbrecht. Gebaut wurde das Modell als Stahlskelettbau. Decken und Wände wurden mit Holz verkleidet, sodass lediglich die für Mies bekannten, aus tektonischer Sicht fragwürdigen, spiegelnden Stahlstützen sichtbar blieben. Diese wurden als einziges Element annähernd originalgetreu dargestellt und ähneln stark den Stützen des Barcelona Pavillons.
Paul Robbrecht beschreibt die Schwierigkeiten aufgrund mangelnder Planunterlagen: zur Verfügung standen lediglich mehrere Perspektiven, Grundrisse sowie ein Schnitt. Details, die daraus nicht erkennbar waren, wurden im 1:1 Modell ausgelassen, anstatt Vermutungen anzustellen.
Ein Entwurf für die Gesellschaft: „Market hall“, 2012
Anschließend stellte der Architekt einen eigenen Entwurf vor: Die Markthalle im historichen Kern Gents. Das Projekt begann bereits im Jahre 1996 mit einem Wettbewerb, in dem das Grundstück, das sich zwischen drei Freiflächen unterschiedlichen Charakters sowie einer Kathedrale befindet, mit Parkplätzen beplant werden sollte. Robbrecht en Daem entschieden sich mit ihrem „Protest-Entwurf“ bewußt dagegen: Das Loch in der Stadt benötigte ein neues Volumen, um die angrenzenden Freiflächen zu definieren. Damit fanden sie Zustimmung von den Bürgern, wodurch der Wettbewerb 2002 neu aufgesetzt wurde.
Robbrecht en Daem griffen, gemeinsam mit Marie-José Van Hee architects, ihren alten Ansatz auf und entwarfen die heutige „Market hall“ ohne bestimmte Funktion: nun treffen dort täglich Menschen aufeinander und es geschehen die unterschiedlichsten Dinge. Die Topografie wurde genutzt, sodass das gesamte Erdgeschoss frei bleibt. Im Untergeschoss befindet sich ein Cafe. Hier spiegelt sich das Eingangszitat wieder:
“The centre of Ghent will again become a social spot for people.”
Ein Entwurf für die Kultur: “Het Huis”, 2012
Ein weiteres Projekt, das Paul Robbrecht vorstellte, ist ein Ausstellungspavillon für das Middelheim Museum im Middelheim Skulpturenpark in Antwerpen. Der Pavillon verbindet das Museum mit dem Park, in dem ein Weg durch den Pavillon hindurch führt.
Dieser ist zu einer Seite strikt geschlossen, während sich die grün bemalte Stahlkonstruktion vom Inneren aus zu den anderen Seiten fließend öffnet.
Der Entwurf basiert auf dem für das Büro typischen Zahlensystem 3, 5, 7 und deren Vielfachen. Die daraus hervorgehende Klarheit und Harmonie ist im Entwurf sichtbar: „As the landscape is the origin of the painting, the origin of the sculpture is the human body.“
Weitere vorgestellte Projekte: Winge golf & country club (2014), Archives bordeaux metropole (2016)
Text: Birte-Sophie Bülzebruck
Fotos: Lucas Wölfl