architectural tuesday Belgien | Christian Rapp | Nachbericht
Am 12. Dezember 2017 durften wir den Architekten Christian Rapp an unserer Fakultät begrüßen, der in seiner Form als Stadtbaumeister der Stadt Antwerpen einen Vortrag beim architectural tuesday Belgien hielt.
Rapp stellte sich selbst einleitend vor als „Münchner aus Amsterdam in Antwerpen“ und verdeutlichte so seinen vielseitigen Werdegang und Hintergrund. Nach dem Architekturstudium an der TU Berlin und der TU Delft arbeitete er in den Büros von Otto Steidle, Rem Koolhaas und Hans Kollhoff und führte von 1991 bis 1998 ein gemeinsames Büro mit Stefan Höhne. Bei Hans Kollhoff war er maßgeblich an dessen erstem großen internationalen Projekt, dem Wohnblock „Piraeus“ in Amsterdam, beteiligt – nicht zuletzt weil er damals der einzige Mitarbeiter des Büros war, der die niederländische Sprache beherrschte, so betonte er.
Nach mehreren Gastprofessuren an niederländischen und deutschen Universitäten wurde Christian Rapp 2007 als Professor für Architekturentwurf und städtische Kultur (architectural design and urban cultures) an die TU Eindhoven berufen. Mit seinem Büro Rapp+Rapp, welches er zusammen mit seiner Ehefrau Birgit Rapp seit 1999 in Amsterdam leitet, realisierte er in der Folgezeit vornehmlich in Belgien und Holland zahlreiche Bauten.
In ihrer Größe sind die Projekte des Büros sehr unterschiedlich; dennoch eint sie alle der Wille, neues aus bekannten und bewährten Typologien zu entwickeln. Dabei spielt bei Rapp+Rapp auch immer die hohe handwerkliche Qualität eine wichtige Rolle. So hat das Reihenhaus „Haus Santen“ mit seiner Gliederung, der Form und Funktionsweise der Fenster und dem Bezug zum Wasser seinen Ursprung bei den Amsterdamer Grachtenhäusern.
Städtebauliche Großprojekte wie der Stadtteil „Centrum Ypenburg“ Den Haag oder der Hofkomplex „De Grote Hof“ in Nootdorp zeigen einen wesentlichen Schwerpunkt des Büros: die Planung und der Bau großmaßstäblicher Ensembles innerhalb sich rasch wandelnder sozialökonomischer Rahmenbedingungen.
Nach der Werkschau seiner Arbeit als Architekt erläuterte Christian Rapp seine Position als Stadtbaumeister in Antwerpen. Er stellt sich und den beteiligten politischen Parteien hier die Frage, ob Antwerpen bei der heute zu beobachtenden Verstädterung von Metropolen wie London oder Berlin mitmachen sollte und lehnt dies entschieden ab. Antwerpen beschreibt er als ein „Charmantes Millionendorf“, welches ihn an seine Heimat München erinnere und will die Stadt als solches erhalten.
Mit Studierenden seiner Fakultät erarbeitete er eine Kartierung der Stadtentwicklung von Antwerpen. Er unterteilt die Stadt in die drei Bereiche Kernstadt, Ringstraße und 20. Jahrhundert Gürtel. Sein Rat an Antwerpen lautet: „Weiterbauen an der Stadt von Morgen“. Er erläuterte auch gängige städtebauliche Gestaltungsregeln wie die sogenannte „Harmonieregel“, die angewendet wird, um die Höhe von Neubauten festzulegen. Rapp stellte sie in Frage, da weit mehr nötig sei, um ein harmonisches Stadtbild zu erzielen als die reine Bestimmung der Gebäudehöhe.
Neben dem Augenmerk auf die Entwicklung der Kernstadt scheint sein größtes Interesse auf den Randbereichen hinter Ring und Fluss zu liegen. Diese gehören zur Stadt Antwerpen, stelle jedoch eigenständige Stadtteile dar. So geht die Zentralisierung nicht vom Zentrum, sondern von den umliegenden Dörfern aus.
Er beschäftigt sich unter dem Motto „Von der Radialstadt zur Netzwerkstadt“ mit der Frage wie, man diese attraktiv gestalten kann und die einzelnen Stadtteile autark vom Zentrum funktionieren können. So lobte er jüngst einen Ideenwettbewerb für den auf der westlichen Flussseite liegenden Stadtteil „Linkeroever“ aus, dessen Ergebnisse vielseitige Aussichten für die Zukunft des Gebiets geben.
In der abschließenden Diskussion wurde versucht die Brücke zu schlagen zu den Bemühungen deutscher Stadtentwicklungen, welche vor vergleichbaren Herausforderungen stehen, diese jedoch mit anderen Mitteln versuchen zu lösen. Etwas neidisch blickte man da auf die Handhabe eines belgischen Stadtbaumeisters, der die Illusionen jedoch damit wegwischte, dass auch er nur Erfolg haben kann, wenn die entsprechende Person das Amt des Bürgermeisters inne habe – was ja fast wieder an das heimische Köln erinnert.
Text: Christian Schramm
Fotos des Abends: Lucas Wölfl