Archäologische Bauforschung und Kulturgutschutz auf dem Kapitol in Rom

Ein Bericht des Masterstudenten Leon Bischoff über seine Teilnahme an der Summerschool „Archäologische Bauforschung und Kulturgutschutz“ der Koldewey-Gesellschaft für baugeschichtliche Forschung mit dem Architekturreferat des Deutschen Archäologischen Instituts auf dem Kapitol in Rom.

Blick auf den Rupe Tarpea auf dem Kapitol in Rom, Arbeitsort der Summerschool (Foto: T. Busen, DAI)

Ende August 2023 durfte ich, gemeinsam mit elf weiteren Studierenden verschiedener Hochschulen, für zehn Tage an der Koldewey-Summerschool auf dem Kapitol in Rom teilnehmen. Seit 2018 finden, geleitet vom Deutschen Archäologischen Institut in Rom, auf dem südwestlichen Gelände des Kapitols Grabungen und die Erforschung der dort vorhandenen verschiedenen Kulturschichten statt.

Zur Zeit der Antike befand sich auf dem südlichen Teil des Kapitolhügels das antike Heiligtum des Iuppiter Optimus Maximus, von welchem unweit der Grabung im Konservatorenpalast der kapitolinischen Museen erhaltene Fundamente bewundert werden können. Die Forschungen dort gelten aber ebenso der mittelalterlichen sowie neuzeitlichen Nachnutzung des Hügels. Am 21. April 1829 wurde dort im Palazzo Caffarelli das Instituto di Corrispondenza Archeologica gegründet, die Vorgängerinstitution des heutigen Deutschen Archäologischen Instituts. Zu dieser Zeit war der dortige Teil des Kapitolhügels, welcher noch ein protestantisches Hospital und eine Kapelle umfasste, in preußischem Besitz. Nach dem ersten Weltkrieg kam es zur Enteignung, wodurch der Palazzo Caffarelli ab 1925 zu einem Teil des faschistischen Museo Mussolini wurde. Heutzutage gehört das Gelände zu den kapitolinischen Museen.

Unsere Arbeiten fokussierten sich auf und um das Gebiet des Rupe Tarpea (Tarpejischer Fels). Dort kam es im antiken Rom zur Vollstreckung von Todesurteilen, indem Verurteilte die hohen Steinklippen hinabgestoßen wurden. Direkt neben uns fand um das ehemalige protestantische Hospital eine Ausgrabungskampagne des DAI, unter der Leitung von Prof. Dr. Ortwin Dally, statt, welche unter anderem freigelegte Mauerreste der ersten Bibliothek des Instituto di Corrispondenza Archeologica und spätrepublikanisch-kaiserzeitliche Fundamente aus Opus Caementitutium zeigte. Wir konzentrierten uns in dieser Woche hauptsächlich auf antike Bauteile, welche dort auf dem Gelände gelagert wurden.

Teilnehmer:innen der Summerschool in Rom (Foto: F. Zandonai, DAI)

Die Woche begann regnerisch. Durch Prof. Dr. Ortwin Dally erhielten wir eine umfangreiche Führung durch den Konservatorenpalast und den südlichen Teil des Kapitols. Anschließend gingen wir wissensgeladen zum ersten Mal an die Arbeit an „unseren“ Bauteilen. Jeder durfte sich eines davon aussuchen, sodass jedes von mindestens einer Person bearbeitet würde – ich suchte mir einen antiken Kämpfer aus, welcher den Beginn eines Bogens darstellt und die Lasten des Bogens auf die vertikalen Bauteile überträgt. Mit ersten händischen Zeichnungen näherten wir uns dem Objekt an, um so in den nächsten Tagen in genauere Untersuchungen zu starten. Die Summerschool hatte zum Ziel, den Teilnehmenden verschiedene Aufmaß- und Baudokumentationstechniken zu vermitteln. Da es am nächsten Tag ebenfalls stark regnete, begannen wir mit ersten Structure from Motion (SfM) Versuchen an kleinen Fragmenten, welche vor kurzer Zeit durch die Kampagnen ans Tageslicht kamen. Das SfM-Verfahren ist eine moderne photogrammetrische Aufmaßtechnik, mit der durch das Aufnehmen und Verarbeiten vieler zweidimensionaler Fotografien, ein maßstabs- und detailgetreues 3D-Modell erstellt werden kann. Glücklicherweise regnete es ab Tag 3 nicht mehr und wir konnten mit der Aufnahme unserer Bauteile starten. Über die nächsten Tage erlebten wir, was es bedeutet, in der Hitze des sommerlichen Roms Bauaufnahme und Baudokumentation zu betreiben. Die typisch römischen Trinkwasserbrunnen, die jederzeit kühles Wasser spendeten, waren unsere treuesten Gefährten. Neben dem SfM-Verfahren bekamen wir ebenfalls Einblicke in die Arbeit mit 3D-Laserscanning, Tachymetrie und auch in das händische Aufmaß. So legten wir durch den vorsichtigen Aufbau physischer Koordinatensysteme händische Schnitte unserer Bauteile an. Dabei waren wir froh, wenn nachmittags die wenigen dort vorhandenen großen Pinien etwas Schatten spendeten. Ebenso testeten wir „Open Source“-Methoden, wie Handyapps und frei zugängliche SfM-Software.

Dies bildete auch den Übergang in die zweite Hauptthematik der Summerschool – das Projekt „KulturGutRetter“. Gemeinsam mit dem Technischen Hilfswerk und dem Leibniz-Zentrum für Archäologie baut das Deutsche Archäologische Institut derzeit dieses Projekt auf. Ziel ist es, in Krisensituationen vor Ort immobiles und mobiles Kulturgut zu schützen und zu retten. Dabei geht es beispielsweise um die Kartierung von Schäden in digitalen Räumbüchern, aber auch um die Aufnahmen wichtiger Objekte und Gebäude mit SfM und 3D-Laserscannings. Während der Summerschool erprobten wir daher ebenfalls das Programm QField, welches die genannte Schadenskartierung vornimmt. In Gruppen probierten wir das Programm auf Tablets aus, um so am Ende der Summerschool unsere Erfahrungen zu teilen und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten. Abgerundet wurde das Programm der Summerschool durch Exkursionen zur Villa dei Sette Bassi und den Domitilla-Katakomben.

Digitale Schadenskartierung am ehemaligen protestantischen Hospital (Foto: T. Busen, DAI)

Zehn Tage historische Bauforschung in Rom – eine Erfahrung, die ich mir aus meinem Architekturstudium nicht mehr wegdenken kann und möchte. In der mir verbleibenden Zeit meines Masterstudiums in der Vertiefung Denkmalpflege möchte ich mich daher verstärkt mit der Disziplin, den Methoden und Fragestellungen der historischen Bauforschung beschäftigen.

Für das unvergessliche Erlebnis in Rom will ich mich noch bei Dr.-Ing. Katja Piesker, Dr.-Ing. Tobias Busen, Helena, Sibel, Elea und den anderen Studierenden von Herzen bedanken! Danke, dass ich dabei sein durfte und danke für die wirklich tolle Zeit in Rom!