architectural tuesday | Mark Lemanski
Am Dienstag, den 14. Mai ging der architectural tuesday unter dem Thema `Die soziale Logik des Raumes` in die dritte Runde. Zu Gast war der britische Architekt Mark Lemanski von
muf architecture/art.
Mit dem Vortragstitel `Good fences make good neighbours` gab der gebürtige Hürther Lemanski mit einer Prise britischen Humors einen Einblick in das Schaffen des Büros.
Das 1994 von Juliet Bidgood und Liza Fior gegründete Arbeitsgemeinschaft ist berühmt geworden für innovative Projekte, die die soziale, räumliche und wirtschaftliche Infrastruktur des öffentlichen Raums betreffen. Konzipiert als interdisziplinäre Plattform für Künstler, Autoren und Experten, veränderten die Projekte die britische Architekturszene.
The opposite of public is empty
muf greifen in den öffentlichen Raum mit einer Kombination aus Architektur und Kunst ein und versuchen, immer unter Einbeziehung der Bürger/innen den spezifischen Ort aufzuwerten.
Dabei gehen sie strategisch vor: Interviews und Gespräche mit Anwohnern, Nutzern, Passanten, Bauherren, Vereinen, Institutionen und Politikern sind die Grundlagen der Analyse des Ortes.
Oftmals bringt das Resultat kein Gebäude hervor sondern vielmehr ein aus vielen Ideen zusammengesetzter Prozess der auf gesellschaftliche Funktion ausgelegt ist. Dabei setzt das Büro nicht auf spektakuläre Renderings oder postgefertigte Skizzen, sondern auf augenscheinlich kleine Veränderungen die Missstände zu beheben versuchen und die letztendlich einen nachhaltigen Erfolg verzeichnen. Dabei geht es oft um die Kommunikation zwischen verschiedenen Quartieren, Gebäuden, Raumgefügen und letztendlich auch die Kommunikation zwischen den Anwohnern. muf drängen nahezu die Bewohner/innen sich den öffentlichen Raum zu Nutze zu machen, ihn zu beleben und als gemeinsame Chance wahrzunehmen. Das Spiel mit Grenzen ist ein wesentlicher Bestandteil des Büros.
Das erste realisierte Projekt Lemanskis, ein eingezäunter Spielplatz mit grenzübergreifenden Elementen, offenbart das simple Prinzip mit den Grenzen. Wer stand noch nicht vor einem Zaun und wollt ihn überwinden? So wird kurzerhand die Wippe auf diesem Grenzzaun errichtet, die Schaukel lässt einen Flug über das nicht eingegrenzte Gebiet zu, eine Bank bietet beiden Bereichen Platz.
Über Hunde und Parken
Hey du, warum sprichst du nicht mit mir? Sagt ein viktorianisches Gebäude des 19. Jahrhundert zu einem 60er Jahre Plattenbau.
Mark Lemanski haucht den Gebäuden des Projekts `Street Interrupted` Seele und Stimme ein und spricht aus was viele denken: Wie konnte ein gegenseitig bedingtes Netz des vorangegangenen Städtebaus zugunsten (identitäts-)loser Stadtgefüge realisiert werden? Ähnlich wie Kevin Lynchs betitelten `Nahtstellen` glauben muf an den Zusammenhalt der Stadt aufgrund von Gestaltungswerkzeugen die über den Stand monobezogener (determinierter) Planungen hinausgeht. Zwischen diesen Gebäuden setzen muf einen Park mit den klassischen Elementen Vegetation, Bank, Mauer, der als Verbindungselement fungiert und einen Dialog initiiert.
Auch die Historie wird in die Projekte miteinbezogen wie im Projekt `White Chapel`, dessen Name auch einen Stadtteil Londons schmückt. Muf ließ die Fundamente der zwei ehemaligen Kirchen ausgraben und formten die Grundrisse aus Naturstein und Beton nach. Dabei liegt das Augenmerk auf identitätsstiftende Elemente die wiederum soziale Agitation und die Beschäftigung mit dem Ort erzwingen.
So klein die Wünsche der Bürger/innen auch sind, bei muf werden sie endlich einmal ernst genommen. Sie spielen mit der zum Teil nostalgiedürstenden Bevölkerung und sehen Empathie als wichtiges Werkzeug an, um eine nachhaltige Stadtplanung zu gewährleisten.
Eine Vielzahl von kleinen Projekten haben muf architects mittlerweile realisiert und begnügen sich noch nach wie vor mit Aufträgen wie das Gestalten einer kommunikationsfördernden Sitzbank oder ein kleiner Balkon. Auch Wohnungsprojekte wurden geplant jedoch aufgrund der Wirtschaftskrise vorerst verschoben.
Das Büro hat mittlerweile internationale Bekanntheit erreicht. Für ihre Arbeit erhielten sie 2008 den European Prize for Urban Public Space und fungierten 2010 als Kuratoren des britischen Pavillons auf der Biennale in Venedig.
Am 2. Juni spricht der Stadt- und Raumtheoretiker Prof. Bill Hillier von der University of London unter dem Titel `The spatial architecture of the city`.
Text: Lynn Kunze
Foto: Heike Fischer