Ein „romantisches“ Seminar: „Architektur formulieren“ im Wintersemester 2020/21
Das von Prof. Andreas Denk geleitete Blockseminar Architektur formulieren im dritten Semester des Masterstudiengangs Strategien des Entwerfens und Konstruierens (SEK) widmete sich im März 2021 dem Thema der Romantik. Das Seminar beschäftigt sich einmal im Jahr mit der Bedeutung von Sprache und sprachlicher Kompetenz im Zusammenhang mit Raum, Architektur und Stadt. Diesmal war ein Ausgangspunkt für die Übung die Überlegung, dass das Romantische nicht nur eine kulturgeschichtliche Epoche des 19. Jahrhunderts ist, sondern als wahrnehmungs- und einfühlungsästhetische Strategie auch für die Architekturkonzeption der Gegenwart Bedeutung haben kann.
„Romantisch ist die Hingabe an die innere Stimme, an das Gefühl, an das Verständnis der großen Zusammenhänge, die jenseits des mathematisch, logisch und vernunftmäßigem Verstandes liegen.“
Philosoph und Schriftsteller Frieder Lauxmann
Als Warm-up haben sich die Studierenden einen nach ihrer Auffassung romantischen Ort gesucht und anhand von Fotos und Videos die Atmosphäre dieser besonderen Situation eingefangen. In einem Text beschrieben sie das Gesehene und Erlebte und die Wirkungen und Eigenschaften, die den Ort als „romantisch“ wahrnehmbar machen. Dabei wurden vielfältige Orte ausgewählt: ein Rosengarten, eine verlassene Bahnbrache oder die bei gutem Wetter von Menschen belebte Deutzer Werft.
Romantische Orte
Eine verlassene Bahnbrache
Jonas Winkels
Die Deutzer Werft
Niklas Thelen
Der zweite Teil des Seminar fand als Gruppenarbeit statt. Die Studierenden einigten sich jeweils auf einen der romantischen Ort, die sie zuvor aufgesucht hatten. In einer offenen Diskussion per Videokonferenz entwarfen sie für diesen Ort ein Bauwerk zu Wohn-, Arbeits- oder Freizeitzwecken, die den Bedürfnissen aller Gruppenmitglieder entsprach. Dabei sollte der Entwurf den romantischen Charakter des Ortes berücksichtigen oder sogar steigern.
Entwürfe
Eine neue Romantik
Esra, Niklas, Kaan, Konrad
Gespräche in der Zipper Straße
Andre, Jonas, Simon
Am Abend fand eine anregende Diskussion rund um die Strömungen zur Zeit der Romantik mit Prof. Andreas Denk, Prof. Paul Böhm und wiss. MA Lynn Kunze statt. Dazu las Andreas Denk Passagen aus E.T.A. Hoffmanns Rat Krespel und Adalbert Stifters Der Nachsommer vor. Das in Krespel beschriebene „serapiontische“ Prinzip steht dabei im Gegensatz zur durchdachten, fast rationalistischen Art, ein Haus zu bauen wie es Stifter es im Nachsommer idealisiert.
Die im 19. und 20 Jahrhundert aufkommende gesellschaftliche Modekrankheit der Neurasthenie wurde ebenfalls Gegenstand der Diskussion. Die Krankheit, die von George Miller Beard zuerst als American Nervousness bezeichnet wurde, interpretierte man damals als Ausdruck einer Überforderung mit der betriebsamen Großstadt der Industrialisierung. Dabei spielten eine globale Wirtschaftspolitik, neuer Konkurrenzdruck, sowie die Mechanisierung der Umwelt eine große Rolle – Phänomene, die auch auf die digitalisierte und globalisierte Gegenwart übertragbar zu sein scheinen.
Am dritten Tag entwickelten die Gruppen einen Fotoroman zum Thema der Romantik, in dem der entworfene Eingriff an den jeweiligen Orten das Setting für eine kurze Liebesgeschichte oder eine erzählende Charakterisierung einer freundschaftlichen Beziehung bilden sollte. Mit verschiedenen Bildbearbeitungsprogrammen wurden stilistisch vielfältige Szenen erarbeitet, die sich auf spielerische Weise mit dem übergeordneten Thema auseinandersetzen und die Inhalte des Seminars widerspiegeln.
Fotoromane
Eine romantische Reise
Esra, Dilschan, Sarah
Karl und die Rosen
Julia, Sevilay, Marie-Therese
Nach innen geht die geheimnisvolle Reise
Merve, Ceyda, Esdichan, Khaled
Text: Lynn Kunze
Studierende: Khaled Amarkel, Esdicha Yesdin, Ceyda Eris, Merve Kadiv, Sarah Licciardi, Dilschan Sulayman, Esra Cinar, Julia Gallinger, Marie-Therese Linne, Niklas Thelen, Kaan Karayel, Konrad Alexander Schmidt, Esra Duman, Jonas Winkels, André Classen und Simon Becker